april kann im april sehr kalt sein

LektüreNotizen | april“ Ein Roman der deutschen Schriftstellerin Angelika Klüssendorf, der 2018 erschien. Das Buch erzählt die Geschichte der Protagonistin April, eines jungen Mädchens, das in der DDR der 1980er Jahre aufwächst. Der Roman ist eine Coming-of-Age-Geschichte, die sich mit Themen wie familiären Konflikten, sozialer Isolation, Rebellion und dem Erwachsenwerden in einem repressiven politischen System auseinandersetzt.

Über einen Satz, der ein Aufhänger ist für einen Aufhänger ist

april kann im april sehr kalt sein – Über einen Satz von Oskar Pastior.“ Ein Ausspruch der so nicht von diesem stammt, aber von Ulf Stolterfoht möglicherweise so erinnert wird und Aufhänger für einen Vortrag ist:  
“…nur dieser eine Satz april kann im april sehr kalt sein soll als Ausgangspunkt für einige Überlegungen zum Verhältnis von Poesie und Grammatik dienen..” – Ulf Stolterfoht, aus Theresia Prammer (Hrsg.): Der Ort des Schreibens findet statt. Begegnungen mit Oskar Pastior. Verlag Peter Engstler, 2019
Gefunden habe ich den Beitrag online unter https://www.planetlyrik.de/oskar-pastior-offne-worte/2016/02/.
Em Ende des Vortrags bringt Schriftsteller Ulf Stolterfoht den Satz, den Oskar Pastior in einem Gedicht verewigt hat.

FARN-VIDEO
Fortan wird man sich suchen müssen – nicht
nur am Fußende: auch in den Gummilinsen geht
es kniehoch hin und her. „Gleichwohl, man


wird es noch erleben“ – ein Wort, das man
sich merken müssen wird. Gesondert stehen
Imbiß-Kübel zur Verfügung – einstweilen, so.


„Wenn Sie mitnehmen könnten: was ließen Sie
zurück?“ Leuchtkraft läßt sich dahingehend
pressen, daß „man sortieren wird – vorausge-


setzt, es wird getrennt“. Insofern winkt Na-
tur – Mai kann im Mai sehr kalt sein; man
wird sich zu entziehen wissen; Entwicklung


ist kein Abbruch der Gefühle, eher ein Full-
time-Kübel. Gemessen an der Deutlichkeit von
alten Schuhen droht nur ein kleiner Abstand –


dem wird entsprochen werden, vorausgesetzt,
man findet darin Platz. Denn an den Schirmen
scheiteln hinfort sich die Haare – man wird


sich kniehoch schultern müssen. „Im Anschluß
finden Sie Gelegenheit zum Rauchen.“ Insofern
wird man große Stücke suchen – der Wald lebt.


Oskar Pastior
Aus: Oskar Pastior –  Wechselbalg. Gedichte 1977–1980 (Spenge: Verlag Klaus Ramm 1980)

Dieser Satz also, der von Ulf Stolterfoht in die Welt gebracht wurde, hat mich wiederum daran erinnert, das ich vor einigen Jahren einen Roman von Angelika Klüssendorf gelesen habe. Der trägt den Titel april und strotzt nur so vor Kälte:

April lebt in einer dysfunktionalen Familie, die von Gewalt, emotionaler Kälte und Vernachlässigung geprägt ist. Ihre Mutter ist überfordert und oft abwesend, während ihr Stiefvater gewalttätig und tyrannisch ist. April sucht nach Wegen, um der Enge und den Konflikten in ihrem Zuhause zu entfliehen. Sie findet Zuflucht in der Schule, bei Freunden und in kleinen Momenten der Freiheit, die sie sich selbst erkämpft. Ihr Weg ist geprägt von Trotz, Widerstand und dem Wunsch nach Selbstbestimmung.

Der Roman zeichnet sich durch eine klare, ungeschönte Sprache aus, die die Härte und Kälte von Aprils Umfeld widerspiegelt. Klüssendorf beschreibt die inneren und äußeren Kämpfe der Protagonistin mit großer Intensität und psychologischer Tiefe. April ist eine Figur, die trotz aller Widrigkeiten eine beeindruckende Stärke und Resilienz zeigt.


Zitate aus „April“ und einige Überlegungen dazu:

  1. „Sie wollte nicht so werden wie die anderen, die sich mit allem abfanden, was ihnen das Leben vorsetzte.“
    Aprils Widerstand gegen die Anpassung und ihren Drang nach Individualität und Freiheit.
  2. „Die Welt war eng, und sie wollte sie weit machen.“
    Aprils Sehnsucht nach einem Leben jenseits der Grenzen, die ihr durch Familie und Gesellschaft gesetzt werden.
  3. „Manchmal dachte sie, dass sie gar nicht existierte, dass sie nur eine Erfindung war, eine Figur in einem schlechten Film.“
    Aprils Gefühl der Entfremdung und ihre Schwierigkeiten, einen Platz in der Welt zu finden.

Entstehungsgeschichte und einige Hintergründe:

Angelika Klüssendorf, geboren 1958 in Ahrensburg, wuchs selbst in der DDR auf und verließ das Land 1985 in Richtung Westdeutschland. Ihre eigenen Erfahrungen mit dem Leben in der DDR und den Herausforderungen des Erwachsenwerdens in einem autoritären System fließen stark in ihre literarische Arbeit ein. Klüssendorf ist bekannt für ihre schonungslosen und realistischen Darstellungen von Familien- und Gesellschaftsstrukturen, die oft von Konflikten und emotionaler Kälte geprägt sind.

„April“ ist Teil einer Reihe von Romanen, die sich mit dem Leben von Frauen und Mädchen in schwierigen sozialen und politischen Umfeldern beschäftigen. Klüssendorfs Werke sind oft autobiografisch inspiriert, auch wenn sie dies nicht explizit bestätigt. Der Roman „April“ wurde von der Kritik für seine präzise Sprache und die eindringliche Darstellung der Protagonistin gelobt. Er gilt als eines der wichtigsten Werke der Autorin und wurde mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet.


Themen und Motive:

  • Familiäre Konflikte: Die dysfunktionale Familie steht im Mittelpunkt des Romans und prägt Aprils Entwicklung.
  • Rebellion und Widerstand: April wehrt sich gegen die Unterdrückung durch Familie und Gesellschaft.
  • Soziale Isolation: Die Protagonistin fühlt sich oft allein und unverstanden.
  • Erwachsenwerden: Der Roman zeigt die Schwierigkeiten und Herausforderungen des Heranwachsens in einem repressiven Umfeld.

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