Vor dem Bücherregal

Von Büchern und (ihren) Geschichten

Geschichten bringen dich auf dumme Gedanken, sie werden dir und mir, ja uns gefährlich. Sie wollen dich manipulieren und von uns weglocken. Sie werfen unsinnige Fragen auf und verraten Geheimnisse. Das wäre unser Ende. Wir lieben dich doch und das wirst du uns nicht antun wollen, oder? Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Geschichte mündlich oder zwischen Buchdeckeln erzählt wird. Traue keiner Geschichte, denn sie ist wie die Büchse der Pandora. Traue keinem Erzähler, keiner Erzählerin, man will dir nichts Gutes.

So ist es früh gelernt, verinnerlicht, eingebläut und durchgesetzt. Zu Not auch mittels Zensur, dem Entreißen geschenkter Bücher.

Ich glaube, dass Bücher der Hoffnung mehr Platz einräumen können, dass sie die Grenzen des Verstehens und der Einsicht ausdehnen können, dass sie denen eine Sprache geben können, die noch nicht für sich selbst reden.
Renate Welsh zugeschrieben | Fundort: Lesetagebuch zu „Besuch aus der Vergangenheit“, Schroedel Verlag | Foto: © C.Stadler/Bwag; CC-BY-SA-4.0.

Und so „verlernte“ der Heranwachsende das inhaltliche Lesen, verweigerte sich zunehmend der Schule und saß stattdessen des Vormittags im Café. So weit, so nachvollziehbar. Warum aber hat dieser inzwischen Mann inzwischen mehr als zweitausend Bücher angesammelt? Viele davon haben bereits mehrere Umzüge überstanden und fristen in Kartons ein stummes Dasein. Regelmäßig nachgeschaut, ob diese noch da sind.

Wie lässt sich das erklären und warum tut mann sich das an? Nun, man gewöhnt sich daran. Ohne weiter darüber nachzudenken. Eine Marotte. Vielleicht auch eine unterdrückte Hoffnung, ein Widerstand?

Das Mondtal brachte dieses Weltbild dann ins Wanken und vielleicht bricht es auch ganz in sich zusammen.

Der Roman von Jack London war ein Geschenk. Aber auch eine verbotene Lektüre. Es wurde dem frühen Teenager abgenommen und verschwand. Keine Begründung, kein Happy End. Als das Buch – in gleicher Ausgabe – nach knapp 40 Jahren wieder in mein Leben tritt, kommt Verdrängtes – schubweise – wieder ans Licht. Ebenso wie die Frage, was mache ich nun damit? Denn es gilt als verbotene Lektüre. Kindisch, oder?!

Warum also diese vielen Bücher, trotz Leseverweigerung? Und was für Geschichten sind das? Denn inzwischen erscheint es mir so, dass die Bücher und ihre Erzählungen eher zu mir gefunden haben. Vielleicht um mir zu sagen: Du liegst falsch. Wir wollen Dir zeigen, wie wir wirklich sind. Nun gut; ich versuche mich darauf einzulassen. ersatzgestalt hilft mir dabei, meine Gedanken, Eindrücke und Erfahrungen festzuhalten. Ganz besonders auch die Erlebnisse, die ich mit und durch diese Geschichten habe.

Aktuell kann ich sagen: Jedes Buch ist eine Herausforderung, ein Widerstreit. Daher führe ich Lesetagebücher und nutze sämtliche Verarbeitungswege, die mir zuträglich sind.

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