Ein Gedicht von Günter Abramowski | Hier entfaltet sich eine Reflexion über Existenz, Zeit und Verbundenheit – Themen, die sich durchaus in den zeitgenössischen Zeitgeist einbetten lassen, insbesondere in Bezug auf Achtsamkeit, Ökologie und die Suche nach Sinn in einer unbeständigen Welt. Hier eine Interpretation mit Gegenwartsbezug:
1. „Zu sein das Haus auf dem Weg“
Das Haus symbolisiert hier Identität und Heimat – nicht als statischer Ort, sondern als Prozess, der sich auf einem „Weg“ (Lebensreise) befindet.
Zeitgeist-Bezug: In einer Ära, die von Heimatlosigkeit (Migration, Klimakrise, digitale Entwurzelung) geprägt ist, steht das Haus für die Suche nach stabiler, aber flexibler Selbstverortung. Es spiegelt den modernen Wunsch, Identität nicht festzuschreiben, sondern als wandelbaren „Safe Space“ zu begreifen.
2. „Leb ich als wäre jeder Tag der erste meines Lebens“
Die Betonung der Gegenwart und des Neuanfangs erinnert an achtsame Lebenspraktiken (Mindfulness, „Carpe Diem“-Mentalität).
Zeitgeist-Bezug: In einer von Beschleunigung und Zukunftsängsten (Klima, KI, Kriege) geplagten Gesellschaft wird das „Jetzt“ zum Widerstandsakt – ein Auflehnen gegen die Tyrannei von Produktivität und Planung.
3. „Ist das Leben ewig neu & hat keinen Anfang / sondern ist ein Haus dort, in dem ich war & werde“
Hier wird Zeit zyklisch gedacht, nicht linear. Das Leben ist ein ständiges Werden, das Vergangenheit und Zukunft im „Haus“ der Gegenwart vereint.
Zeitgeist-Bezug: Dies kontrastiert mit dem linearen Fortschrittsglauben des Kapitalismus und antwortet auf ökologische Krisen, die ein Umdenken hin zu zyklischen (natürlichen) Rhythmen erfordern. Auch die Queer-Theorie, die Identität als fluid begreift, schwingt mit.
4. „In das die Welt einzieht / mich lieben lehrt / Wie sie & ich ist“
Die Welt wird nicht als äußerlich, sondern als Teil des Selbst beschrieben – eine symbiotische Beziehung.
Zeitgeist-Bezug: Dies spiegelt aktuelle Debatten um Ökologie (Mensch als Teil der Natur, nicht ihr Herrscher) und Intersektionalität (Verwobenheit von Individuum und Kollektiv). Die Zeile „mich lieben lehrt“ deutet auf Heilung durch Verbundenheit, ein Gegenentwurf zur Vereinzelung der Digitalmoderne.
Gesamtkontext: Ein zeitgemäßes Manifest für Verbundenheit
Das Gedicht lässt sich als Plädoyer für Ganzheitlichkeit lesen – gegen die Fragmentierung der Moderne. Es verbindet:
- Ökologie (Leben als Kreislauf, Mensch-Welt-Einheit)
- Spiritualität (Präsenz, Achtsamkeit)
- Sozialkritik (Kritik an Entfremdung, Leistungsdruck)
In einer Zeit, die nach Antworten auf Klimawandel, digitale Vereinsamung und Identitätskrisen sucht, bietet das Gedicht eine sanfte Revolte: Es fordert auf, sich als Teil eines größeren Ganzen zu begreifen – nicht durch Kontrolle, sondern durch Hingabe und Liebe zur Vergänglichkeit.
Aktuelle Parallelen: Denken an Bewegungen wie „Degrowth“, Klimaaktivismus (Generation Greta) oder die Renaissance östlicher Philosophien (Buddhismus im Westen).
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