Karl Fischer – Geschichten auch ohne Worte

Karl Fischer, geboren am 21. Oktober 1921 in Bismarckhütte (heute Chorzów-Batory), war einer der produktivsten und bekanntesten Illustratoren der DDR. Sein künstlerisches Werk, das sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt, umfasst etwa 400 Bücher und zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften. Dabei setzte Fischer verschiedene grafische Techniken ein, wie Feder-, Tusche-, Schab- und Aquarellzeichnungen, und schuf damit Werke, die bis heute in Erinnerung geblieben sind.

Nach seiner Ausbildung zum Gestalter und Dekorateur in den Jahren 1937 bis 1940 im Berliner Kaufhaus Union und seiner Zeit als Soldat kehrte Fischer 1948 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurück. In Berlin begann er zunächst als Bildredakteur zu arbeiten, bevor er sich 1954 als freischaffender Grafiker etablierte. Seine Arbeiten fanden schnell Anklang bei großen Verlagen wie dem Kinderbuchverlag Berlin, dem Verlag Neues Leben und dem Domowina-Verlag.

Besondere Bekanntheit erlangte Fischer durch seine Illustrationen von Kinder- und Jugendbüchern. 1957 verlieh er den „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm ein unverwechselbares Gesicht. Auch das satirisch-kritische Jugendbuch „Egon und das achte Weltwunder“ von Joachim Wohlgemuth (1961) wurde durch Fischers Zeichnungen zu einem Klassiker. Fischer selbst sagte einmal über seine Arbeit: „Ich wollte die Fantasie der Kinder nicht nur anregen, sondern sie durch meine Zeichnungen lebendig machen. Es ging mir darum, Bilder zu schaffen, die Geschichten erzählen – selbst ohne Worte.“

In der Science-Fiction-Reihe „Spannend erzählt“ gestaltete er über vierzig Titel und prägte damit das Erscheinungsbild ganzer Generationen von Lesern. Zu den bekanntesten Büchern dieser Reihe gehören „Das Rätsel Sigma“ von Karl-Heinz Tuschel und „Antarktis 2020“ von Alexander Kröger. Seine markanten Umschläge und Illustrationen schufen eine fesselnde Atmosphäre, die weit über den Text hinausging.

Nicht nur Bücher, sondern auch Kinderzeitschriften wie „Frösi“, „Atze“, „Trommel“, „ABC-Zeitung“ und „Bummi“ profitierten von seiner künstlerischen Handschrift. Fischer hatte eine besondere Gabe, die kindliche Naivität und die Magie des Augenblicks einzufangen. Er sagte dazu: „Kinder sehen die Welt mit einer Klarheit, die uns Erwachsenen oft verloren geht. Diese Perspektive einzunehmen, war für mich die größte Herausforderung – und gleichzeitig das größte Geschenk.“

Seine Kollegen und Wegbegleiter lobten ihn nicht nur für sein handwerkliches Können, sondern auch für seine Bescheidenheit und seinen Sinn für Humor. Einer seiner langjährigen Verleger sagte über ihn: „Karl Fischer war ein Meister der leisen Töne. Seine Bilder sprachen für sich – voller Wärme, Witz und einer tiefen Menschlichkeit.“

Karl Fischer blieb bis ins hohe Alter künstlerisch aktiv und hinterließ ein Werk, das sowohl von seiner technischen Brillanz als auch von seiner Liebe zur Illustration zeugt. Er starb am 22. September 2018 in Berlin im Alter von 96 Jahren. Seine Illustrationen, die Fantasie und Kindheit prägten, wirken bis heute nach – ein bleibendes Vermächtnis eines großen Künstlers.

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