ersatzgestalt – Literatur erleben
Ein persönliches Literaturprojekt von Oliver Simon
Was ist (meine) ersatzgestalt?
Ein Laboratorium für unkonventionelle Literaturvermittlung. Hier wird Literatur nicht interpretiert, sondern erlebt, erforscht, verwandelt. Texte werden zu Ausgangspunkten für kreative Prozesse: Zeichnungen entstehen aus Gedichten, Fotografien aus Romanpassagen, Tonaufnahmen aus Prosatexten.
Das Prinzip: Wucherndes Denken. Ein Text führt zur Recherche, die Recherche zu neuen Texten, Bildern, Klängen. Literatur wird zum Dialog zwischen verschiedenen Medien.
Für wen?
Für alle, die Literatur jenseits von Schulkategorien entdecken wollen. Spätlesende, die dachten, sie könnten es nicht. Neugierige, die mehr wollen als konsumieren. Menschen, die Texte als Einladung zum Handeln verstehen.
Besonders willkommen: alle, die mit den üblichen Zugängen zur Literatur nicht zurechtkommen. Hier darf man „falsch“ lesen, assoziativ denken, emotional reagieren.
Was Sie hier finden
Lesejournale: Fragmentarische Annäherungen an Texte – tastend, aufrichtig, ohne Bewertungsanspruch. Hier entstehen Zugänge zu Literatur jenseits etablierter Lesarten – unberührt von dem, was Kritik und Feuilleton bereits gedacht und geschrieben haben.
Crossmediale Experimente: Lyrik als Linolschnitt, Prosatexte als Fotoserie, Gedichte als Tonaufnahme. Literatur übersetzt in andere Sprachen.
Spurensuche: Recherchen zu realen Hintergründen literarischer Texte. Was steckt hinter den Geschichten? Wer waren die Menschen? Welche Orte gibt es noch?
Entdeckungen abseits des Mainstreams: Schwerpunkt auf übersehene oder vergessene Literatur, besonders aus der ehemaligen DDR. Texte, die noch Geheimnisse haben.
Die Methode
Literatur wird hier nicht „verstanden“, sondern erfahren. Die Frage ist nicht: „Was bedeutet der Text?“ – sondern: „Was macht er mit mir? Wohin führt er mich? Was lässt er entstehen?“
Aus dieser Haltung entwickeln sich die Projekte auf ersatzgestalt: mal dokumentarisch, mal spielerisch, mal forschend. Immer aber mit der Überzeugung, dass Lesen eine zutiefst kreative Handlung ist.
Mitmachen erwünscht
ersatzgestalt lebt vom Austausch. In den Kommentaren, per Mail, über soziale Medien. Erzählen Sie, was Literatur mit Ihnen macht. Teilen Sie Ihre Entdeckungen. Stellen Sie Fragen.
Literatur ist zu kostbar, um sie allein zu erleben.

Der Ausdruck „Ersatz Gestalt“ stammt ursprünglich aus der Architekturtheorie und wurde von Jan Turnovský (1942-1995), einem tschechischen Architekten und Theoretiker, geprägt. Turnovský reichte 1978 seine Master-Arbeit mit dem Titel „The Weltanschauung as an Ersatz Gestalt“ an der Architectural Association in London ein. In dieser Arbeit entwickelte er, angelehnt an Umberto Eco, eine Philosophie „Offener Systeme“: Weltanschauung ist wesentlich an der Wahrnehmung und Konstruktion von Gestalten beteiligt, während eine individuelle Weltanschauung die Möglichkeit bietet, Gestalten anders zu sehen als vorgesehen.
Überträgt man diesen Gedanken in den literarischen Raum, entsteht eine spannende Parallele. Auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller arbeiten mit „Ersatzgestalten“: Figuren, Bilder, Metaphern, die stellvertretend für Erfahrungen, Gefühle oder Gedanken stehen. Kein Text kann das Leben selbst sein – aber er kann Formen anbieten, die uns einen Zugang verschaffen. Die literarische „Ersatz Gestalt“ ist damit nicht Mangel, sondern Möglichkeit: Sie eröffnet Räume, in denen sich Wirklichkeit in Sprache verwandelt und wir als Leserinnen und Leser neue Sichtweisen erproben können.
Quellen:
Informationen zu Jan Turnovský und seiner Master-Arbeit „The Weltanschauung as an Ersatz Gestalt“ (1978) an der Architectural Association London
Bezug zu Turnovskýs Philosophie „Offener Systeme“ in Anlehnung an Umberto Eco
The Weltanschauung as an Ersatz Gestalt – Jan Turnovský – ISBN 978-3-03860-000-8 – PARK BOOKS