ersatzgestalt – Literatur erleben, nicht nur lesen
Ein persönliches Literaturprojekt von Oliver Simon
Ich bin Leser, Schreiber, Sammler, Fotograf, Hörer, Fragender – und jemand, der erst in späteren Jahren wirklich mit dem Lesen begonnen hat: Ich bin Jahrgang 1967.
In meiner Kindheit, Jugend, im Grunde bis in meine 40er Jahre hatte ich kaum Zugang zu Literatur. Ich verstand Texte anders, emotional, assoziativ, unorthodox – nicht so, wie es in der Schule oder im Studium verlangt wurde. Ich stieß immer wieder auf Widerstand,verlor die Lust am Lesen und die Zuversicht, je „richtig“ zu lesen. Und doch habe ich über Jahrzehnte hinweg über 3000 Bücher gesammelt – die meisten davon ungelesen. Ein inneres Versprechen, das lange auf Einlösung wartete.
Heute, mit 50+ Jahren, hole ich auf meine Weise nach, was lange Zeit verborgen blieb: Ich lese. Und ich versuche zu verstehen. Nicht mit dem Kopf allein, sondern mit allen Sinnen. Ich frage nicht: Was bedeutet der Text? – sondern: Was macht er mit mir? Berührt er mich? Reizt er mich? Führt er mich irgendwohin? Macht er mich kreativ, aktiv, neugierig?
Wenn das geschieht – und das geschieht oft – zeichne ich, schreibe, recherchiere, fotografiere, mache Musik, führe Gespräche. Mein Blog Ersatzgestalt.de ist das digitale Sudelbuch dieser Prozesse.
Was erwartet Sie hier?
- Lesejournale: Keine Rezensionen, keine Bewertungen. Stattdessen literarische Tagebücher – fragmentarisch, tastend, aufrichtig.
- Kreative Nachwirkungen: Zeichnungen, Feldaufnahmen, Fotoreihen, Miniaturen, Zines – alles, was sich aus der Lektüre ergibt.
- Erforschung des Lesens selbst: Wie kann man sich Texte aneignen, wenn man lange dachte, man könne es nicht?
- Recherche und Verknüpfung: Manche Bücher führen mich zu realen Geschichten – ich recherchiere gern die historischen, gesellschaftlichen oder persönlichen Hintergründe, lasse daraus eigene Texte oder Bildideen entstehen.
Wer ich bin (beruflich und künstlerisch)
Beruflich versuche ich aktuell, mich als Online-Redakteur und inhaltlicher Betreuer von Websites zu etablieren – mit einem Schwerpunkt im Bereich Erinnerungskultur. Ich führe Zeitzeugengespräche, begleite Projekte mit Text, Technik und Bild, und studiere parallel Kulturwissenschaften an der Fernuni Hagen.
Künstlerisch bin ich ein Allrounder: Ich fotografiere seit über 30 Jahren – aktuell im Bereich Reportage –, zeichne (Urban Sketching, Linoldruck), arbeite mit Ton und Geräusch (Field-Recording), lese Literatur ein, gestalte Zines, singe im Chor (Bariton) und spiele mehrere Instrumente – alles intuitiv und nach Gehör. Ich sehe mich als jemand, der hörend, sehend, forschend und fühlend mit der Welt in Austausch tritt.
Meine Zugänge zur Literatur
Es sind nicht die dicken Romane, die mich zuerst wieder ins Lesen gebracht haben, sondern Comics, illustrierte Bücher – oft aus der ehemaligen DDR –, Literaturzeitschriften, in denen Bild und Text einander begegnen. Auch heute lese ich selten durch – aber ich lese intensiv. Besonders zieht mich Lyrik an, gerade weil sie mir schwer fällt. Ich will sie begreifen, erfühlen, erfahren – nicht analysieren.
Autoren wie Franz Hohler oder Renate Welsh faszinieren mich, weil ihre Texte reale historische oder gesellschaftliche Spuren hinterlassen. Ich greife diese Spuren auf, recherchiere weiter, mache daraus neue Texte, Bilder oder Denkanstöße. Für mich beginnt mit dem Buch das Gespräch – und hört oft nicht auf.
Warum dieser Blog?

Zum einen ist ersatzgestalt mein Arbeitsbuch: Ich halte fest, was ich beim Lesen lerne – über Sprache, über Welt, zum Textverständnis, über mich. Ich will sichtbar machen, wie sich aus Texten etwas ergibt. Das kann Erkenntnis sein. Oder Irrtum. Oder ein Linoldruck.
Zum anderen wünsche ich mir Austausch. Mit Gleichgesinnten, Neugierigen, Spätlesenden, Fragenden. Menschen, die Literatur nicht nur verstehen wollen, sondern erleben. Ich glaube, dass Lesen eine zutiefst kreative Handlung ist – auch (oder gerade) dann, wenn sie schwerfällt.
Und ja, eine stille Hoffnung ist auch da: Dass mein Zugang, mein Blick, mein Wissen und meine Kreativität zu neuen Aufgaben führen. Als Redakteur, als Autor, als Fotograf, als Erzähler. Aber das muss wachsen – wie alles auf diesem Blog.
Vielleicht entdecken Sie hier etwas, das auch in Ihnen klingt. Vielleicht finden Sie Lust am Lesen (wieder). Oder den Mut, sich auf Texte einzulassen, ohne sie gleich „verstehen“ zu müssen.
Ich freue mich, wenn Sie mich begleiten – und vielleicht erzählen Sie mir ja auch, was Literatur mit Ihnen macht.
Oliver Simon