lepziger buchmesse 1947 - ndl - neue deutsche literatur

Neue Deutsche Literatur (NDL) – Monatsschrift für Literatur und Kritik

Die Neue Deutsche Literatur (NDL) war eine der zentralen Literaturzeitschriften in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Sie wurde 1953 gegründet und erschien monatlich als Organ des Deutschen Schriftstellerverbandes. Ihre primäre Aufgabe war die Förderung und Verbreitung sozialistischer Literatur sowie die kritische Auseinandersetzung mit literarischen Werken – wohl auch im Sinne der Parteilinie der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

Funktion und Inhalt

Die NDL fungierte als wichtiges Forum für neue literarische Texte, darunter Prosa, Lyrik und Dramatik, sowie für literaturtheoretische und -kritische Beiträge. Sie bot sowohl etablierten als auch jungen, noch unbekannten Autoren eine Publikationsmöglichkeit. Die Auswahl der Texte und die Ausrichtung der Kritik waren jedoch stets den kulturpolitischen Vorgaben der SED unterworfen. Dies bedeutete eine Ausrichtung auf den Sozialistischen Realismus als verbindliche Kunstmethode.

Charakteristisch für die NDL waren:

  • Veröffentlichung von Erstabdrucken: Viele später in Buchform erschienene Werke wurden zuerst in der NDL veröffentlicht.
  • Literarische Debatten: Die Zeitschrift initiierte und begleitete Debatten über literarische Strömungen, Gattungen und die Rolle des Schriftstellers in der sozialistischen Gesellschaft. Diese Debatten waren oft eng an die jeweils aktuelle Parteilinie gebunden.
  • Kritik und Rezensionen: Die NDL bot umfassende Besprechungen neuer literarischer Werke, wobei die Rezensionen stets auch eine politische Bewertung beinhalteten. Werke, die nicht den ideologischen Vorgaben entsprachen, wurden entsprechend kritisiert oder ignoriert.
  • Thematische Schwerpunkte: Regelmäßig gab es Ausgaben mit Schwerpunkten zu bestimmten Themen, Jahrestagen oder Autoren.

Beispiele und Zitate

Die strikte Orientierung am Sozialistischen Realismus und die damit verbundene Instrumentalisierung der Literatur spiegelten sich in vielen Artikeln wider. Beispielsweise wurden in den 1950er Jahren Autoren, die als Formalisten oder bürgerliche Künstler galten, scharf kritisiert.

Ein Beispiel für die ideologische Ausrichtung findet sich in der Rezeption von Werken, die den Aufbau des Sozialismus thematisierten. Texte, die Helden der Arbeit oder die Transformation der Gesellschaft darstellten, wurden positiv hervorgehoben. Kritische Stimmen, die die Realität des DDR-Alltags differenzierter darstellten, stießen hingegen auf Ablehnung oder wurden nur unter Vorbehalten abgedruckt.

Ein belegbares Beispiel für die rigide Zensur und die geforderte ideologische Konformität ist die sogenannte „Bitterfelder Weg“-Diskussion. Ab 1959 wurde im Rahmen dieser Bewegung eine engere Verbindung von Künstlern zur Arbeiterklasse gefordert. Die NDL spielte eine zentrale Rolle bei der Verbreitung dieser Forderungen. In Artikeln und Besprechungen wurde stets betont, dass Literatur unmittelbar dem Aufbau des Sozialismus dienen müsse. Autoren wurden dazu angehalten, in Betrieben zu arbeiten und über die Lebens- und Arbeitswelt der Werktätigen zu schreiben.

Ein Zitat aus den frühen Jahren der NDL könnte die Erwartungen an die Literatur verdeutlichen: In der Ausgabe 1/1953 wurde die Zielsetzung formuliert, Literatur zu fördern, die „dem werktätigen Volk ein treuer Spiegel der Wirklichkeit und ein Wegweiser zum siegreichen Aufbau des Sozialismus“ sei. Diese und ähnliche Formulierungen zogen sich durch die gesamte Geschichte der Zeitschrift und zeigten die Verpflichtung auf die Parteilinie.

Auch die sogenannte „Kahlschlag-Debatte“ um 1962/63, ausgelöst durch das 11. Plenum des ZK der SED, hatte direkte Auswirkungen auf die NDL. Werke, die als zu kritisch oder pessimistisch angesehen wurden, wie etwa Texte von Wolf Biermann oder Reiner Kunze, konnten in dieser Zeit nicht oder nur unter starker Zensur erscheinen. Die NDL trug hier maßgeblich zur Durchsetzung der restriktiven Kulturpolitik bei, indem sie entsprechende Werke negativ besprach oder ignorierte.

Ein weiteres Beispiel für die Funktion der NDL als Plattform für bestimmte Debatten ist die Auseinandersetzung mit der „Ankunftsliteratur“ in den 1960er Jahren. Diese Literatur thematisierte die Ankunft des Individuums im Sozialismus. Die NDL begleitete diese Entwicklung kritisch und setzte Grenzen für die Darstellungsweise individueller Konflikte im Kontext der sozialistischen Gesellschaft.

Besprechungen und Rezeption

Die Rezeption der NDL war in der DDR zwiespältig. Einerseits war sie für viele Literaturschaffende die einzige Möglichkeit zur Publikation und für die Leserschaft eine wichtige Informationsquelle über neue Bücher. Andererseits wurde sie von vielen als zu dogmatisch und parteiisch empfunden. Außerhalb der DDR wurde die NDL oft als Propagandainstrument der SED-Kulturpolitik wahrgenommen. Westdeutsche Literaturkritiker bemängelten die mangelnde künstlerische Freiheit und die ideologische Einengung der Beiträge.

Die NDL blieb bis zum Ende der DDR 1990 eine einflussreiche, aber auch kontrovers diskutierte Zeitschrift, die maßgeblich die Entwicklung und Rezeption der Literatur in der DDR prägte.


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