Kulturelle Verluste durch Vertreibung

Die Nationalsozialisten verfolgten während ihrer Diktatur eine aggressive Expansionspolitik, die auch zur Vertreibung zahlreicher Tschechen aus dem Sudetenland führte. Die Grundlage hierfür bildete das sogenannte Münchner Abkommen.

Das Münchner Abkommen

Das Münchner Abkommen wurde am 30. September 1938 in München zwischen Deutschland (Adolf Hitler), dem Vereinigten Königreich (Neville Chamberlain), Frankreich (Édouard Daladier) und Italien (Benito Mussolini) unterzeichnet. Die Tschechoslowakei selbst, deren Territorium hier verhandelt wurde, war nicht an den Verhandlungen beteiligt und wurde vor vollendete Tatsachen gestellt (Quelle: Historisches Lexikon Bayerns).

Kernpunkt des Abkommens war die Abtretung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich. Die deutsche Besetzung dieses Gebiets sollte vom 1. bis 10. Oktober 1938 erfolgen. Im Gegenzug garantierten Großbritannien und Frankreich den Bestand des tschechoslowakischen Reststaats (Quelle: DHM LeMO Zeitstrahl). Das Münchner Abkommen gilt als Höhepunkt der britischen und französischen „Appeasement-Politik“, also einer Beschwichtigungspolitik gegenüber Hitler, um einen Krieg zu verhindern. Winston Churchill bezeichnete das Abkommen später als „Verrat“ (Quelle: bpb.de).

Warum wollten die Nazis das Sudetenland?

Die Gründe für das Interesse der Nationalsozialisten am Sudetenland waren vielfältig und untrennbar mit ihrer ideologischen und territorialen Expansionspolitik verbunden:

„Heim ins Reich“-Ideologie: Das Sudetenland war Siedlungsgebiet einer großen deutschsprachigen Minderheit (rund 3 Millionen Sudetendeutsche). Die NS-Propaganda instrumentalisierte deren Forderungen nach Autonomie und Selbstbestimmung, um die Annexion als „Heimkehr ins Reich“ zu legitimieren und das sogenannte Selbstbestimmungsrecht der Völker vorzuschieben (Quelle: StudySmarter, bpb.de). Tatsächlich ging es Hitler von Anfang an um die Zerschlagung der gesamten Tschechoslowakei (Quelle: Historisches Lexikon Bayerns).

Strategische Bedeutung: Die Tschechoslowakei besaß eine wichtige strategische Lage in Mitteleuropa und verfügte über eine gut ausgebaute Rüstungsindustrie (Skoda-Werke) und Grenzbefestigungen. Die Einnahme des Sudetenlandes schwächte die Tschechoslowakei militärisch erheblich und ebnete den Weg für die spätere vollständige Besetzung des Landes.

Ressourcen und Industrie: Das Sudetenland war industriell entwickelt und reich an Bodenschätzen, was für die Kriegsökonomie des Deutschen Reiches von Interesse war.

Lebensraum-Ideologie: Die Annexion des Sudetenlandes war ein erster Schritt in der nationalsozialistischen Eroberungspolitik in Mittel- und Osteuropa, die auf die Schaffung von „Lebensraum im Osten“ abzielte.

Die Besetzung des Sudetenlandes 1938 und später die Zerschlagung der „Rest-Tschechei“ 1939 durch die Nationalsozialisten führten zur Verfolgung und Vertreibung zahlreicher tschechischer (und auch jüdischer) Intellektueller, Künstler und Kulturschaffender, insbesondere jener, die sich gegen das Regime aussprachen oder als „rassisch unerwünscht“ galten. Es war ein Bruch mit der multiethnischen und demokratischen Tradition der Ersten Tschechoslowakischen Republik.

Es ist zu beachten, dass die Kategorisierung „aus dem Sudetenland vertrieben“ für tschechische Kulturschaffende etwas komplexer sein kann als für sudetendeutsche Antifaschisten. Die Tschechoslowakei als Ganzes wurde von den Nazis besetzt, und die Verfolgung erstreckte sich über das gesamte Protektorat Böhmen und Mähren. Viele tschechische Intellektuelle flohen ins Ausland oder wurden inhaftiert. Die Verfolgung zielte nicht nur auf die Bevölkerung im Sudetenland, sondern auf alle, die sich dem Regime widersetzten oder als Feinde galten, unabhängig davon, ob sie im Sudetenland, in Prag oder anderswo in Böhmen und Mähren lebten.

Dennoch gab es auch in den ans Deutschland angeschlossenen sudetendeutschen Gebieten eine tschechische Minderheit und tschechische Kulturschaffende, die betroffen waren.

Hier sind einige Beispiele für tschechische oder jüdisch-tschechische Kulturschaffende, die unter der nationalsozialistischen Besetzung litten und oft vertrieben oder inhaftiert wurden:

Autoren und Dichter

Helena Dvořáková (geb. 1913): Eine tschechische Schriftstellerin und Journalistin. Ihre Werke, die sich oft mit sozialen Themen und dem Leben der einfachen Leute befassten, waren in der Zeit der Besatzung kritisch und wurden zensiert. Obwohl sie nicht direkt aus dem Sudetenland vertrieben wurde, war ihre Freiheit der Meinungsäußerung stark eingeschränkt.

Werkbeispiel: Romane, die das Alltagsleben in der Tschechoslowakei vor und während des Krieges schildern.


Josef Čapek (1887-1945): Maler, Schriftsteller, Dichter und Bruder von Karel Čapek. Er war ein prominenter Intellektueller und Kritiker des Nationalsozialismus. Er wurde 1939 verhaftet und in verschiedene Konzentrationslager deportiert, wo er 1945 kurz vor Kriegsende im KZ Bergen-Belsen starb. Seine Werke umfassen nicht nur Malerei, sondern auch Bücher für Kinder, Dramen und politische Schriften.

Werkbeispiel: Kulhavý poutník (Der hinkende Pilger), seine posthum veröffentlichten philosophischen und poetischen Reflexionen aus der Haft. Viele seiner Gemälde, die er im KZ schuf, sind auch ein Zeugnis seiner Verfolgung.


Anna Grusová (1912–1996): Eine jüdisch-tschechische Dichterin und Schriftstellerin, die das Holocaust überlebte. Ihre Werke sind oft tief von ihren Erfahrungen in den Konzentrationslagern geprägt. Sie wurde aus ihrer Heimat deportiert und verbrachte Zeit in Theresienstadt und Auschwitz.

Werkbeispiel: Ihre Gedichte und Prosa, die die Traumata der Verfolgung und des Verlusts verarbeiten.


Franz Peter Kien (1919-1944): Ein jüdisch-tschechischer Maler und Dichter, geboren in Varnsdorf (Sudetenland). Er studierte in Prag und wurde 1941 nach Theresienstadt deportiert, wo er künstlerisch tätig war und auch für Propagandazwecke arbeiten musste. Später wurde er in Auschwitz ermordet. Seine Werke aus Theresienstadt sind wichtige Dokumente des Lebens im Ghetto.

Werkbeispiel: Zahlreiche Zeichnungen und Gemälde aus dem Ghetto Theresienstadt, die das Leben dort dokumentieren. Es sind rund 2000 Zeichnungen und Hunderte von Gemälden sowie literarische Werke von ihm erhalten.


Norbert Frýd (1913-1976): Ein tschechischer Schriftsteller jüdischer Herkunft. Er wurde im Sudetenland geboren (Česká Lípa, Böhmisch Leipa) und war während des Zweiten Weltkriegs in Konzentrationslagern, darunter Theresienstadt, Auschwitz und Dachau. Seine Erlebnisse verarbeitete er in seinen Werken.

Werkbeispiel: Krabice živých (Die Kiste der Lebenden), ein Roman über seine Erfahrungen in Konzentrationslagern.


Vítězslav Nezval (1900-1958): Einer der wichtigsten tschechischen Avantgarde-Dichter und Schriftsteller. Obwohl er nicht direkt aus dem Sudetenland vertrieben wurde, war er als prominenter Intellektueller und Kritiker des Nationalsozialismus von der Verfolgung bedroht und seine Werke unterlagen der Zensur. Er war eine wichtige Stimme des Widerstands.

Werkbeispiel: Seine späteren Gedichte reflektieren oft die Schrecken des Krieges und der Besatzung, auch wenn er formal nicht „vertrieben“ wurde, so doch aus der Öffentlichkeit und freier Entfaltung gedrängt.

Maler und Bildhauer

Josef Lada (1887-1957): Berühmter tschechischer Maler, Illustrator und Schriftsteller. Obwohl er nicht direkt aus dem Sudetenland vertrieben wurde, war sein Werk als Ausdruck tschechischer Kultur und Identität während der Besatzung gefährdet. Er war eine Symbolfigur der tschechischen Landschaft und des tschechischen Lebens, was von den Nazis unterdrückt wurde. Seine Werke waren subtile Akte des Widerstands.

Werkbeispiel: Seine idyllischen Darstellungen des ländlichen Lebens in Böhmen und der Figur des braven Soldaten Schwejk.


Toyen (Marie Čermínová) (1902–1980): Eine der bedeutendsten tschechischen surrealistischen Künstlerinnen. Sie war eine der Hauptfiguren der tschechischen Avantgarde. Während der Besatzung lebte sie in Prag und zog sich mit ihrem Künstlerkollegen Jindřich Štyrský in den Untergrund zurück, da ihre Kunst als „entartet“ galt und ihre politische Haltung dem Regime zuwiderlief. Nach dem Krieg verließ sie die Tschechoslowakei und ging 1947 nach Paris, wo sie zu einer wichtigen Figur des internationalen Surrealismus wurde. Ihre Entscheidung zur Emigration war auch eine Reaktion auf die politische Entwicklung in der Tschechoslowakei nach dem Krieg.

Werkbeispiel: Ihre surrealistischen Gemälde wie „Spící“ (Die Schlafende, 1937) oder „Mythos der Gegenwart“ (1940) sind oft beunruhigend und visionär und spiegeln auch die Ängste und Spannungen der Zeit wider.


Věra Jicínská (1914–2003): Eine tschechische Malerin und Grafikerin. Sie war eine Vertreterin des tschechischen Expressionismus und Symbolismus. Als die Nazis die Tschechoslowakei besetzten, geriet sie wie viele andere Künstler mit ihrer modernen Kunst in Konflikt mit dem Regime. Sie war keine direkte „Vertriebene“ aus dem Sudetenland im Sinne einer physischen Umsiedlung, aber ihre künstlerische Freiheit und ihr Leben waren unterdrückt. Viele moderne Künstlerinnen und Künstler wurden während der Besatzung mit Berufsverboten belegt oder mussten im Untergrund arbeiten.

Werkbeispiel: Ihre Porträts und Landschaftsbilder, die oft eine melancholische oder introspektive Stimmung haben.


Emil Filla (1882-1953): Ein führender tschechischer kubistischer Maler und Bildhauer. Er war ein engagierter Antifaschist und wurde nach der Besetzung der Tschechoslowakei verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Er überlebte, litt aber gesundheitlich stark unter der Haft.

Werkbeispiel: Obwohl er während der Haft nicht frei arbeiten konnte, sind seine Werke vor und nach der Verhaftung ein Zeugnis seiner künstlerischen und politischen Haltung. Seine kubistischen Arbeiten der Zwischenkriegszeit sind ikonisch.


František Mořic Nágl (1889-1944): Tschechischer Maler jüdischer Herkunft, der in Theresienstadt inhaftiert war und in Auschwitz ermordet wurde. Ähnlich wie Kien schuf er im Ghetto Theresienstadt bedeutende Kunstwerke, die das Leben der Gefangenen dokumentierten.

Werkbeispiel: Seine Zeichnungen und Gemälde aus Theresienstadt sind wichtige historische Dokumente.

Hier sind weitere Vertriebene:

Franz Werfel (1890-1945): Ein bedeutender österreichisch-böhmischer Schriftsteller jüdischer Herkunft. Er war bereits früh ein Kritiker des Nationalsozialismus und musste 1938 nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich aus Wien fliehen. Seine Werke wurden in Deutschland verboten und verbrannt.
Beispielwerke:
Die vierzig Tage des Musa Dagh (Roman, 1933) – ein Epos über den Widerstand der Armenier gegen den Genozid, das auch als Warnung vor dem aufkommenden Faschismus gelesen werden kann.
Das Lied von Bernadette (Roman, 1941)


Ludwig Winder (1889-1946): Ein sudetendeutscher Schriftsteller und Literaturkritiker, der in Teplitz-Schönau geboren wurde. Als Jude und Antifaschist floh er 1938 nach England.
Beispielwerk:
Die Pflicht (Roman, 1943) – ein Roman über einen tschechischen Beamten, der sich dem Widerstand gegen die Besatzung stellt.

Johannes Urzidil (1896-1970): Ein deutschsprachiger Prager Schriftsteller, der ebenfalls 1938 ins Exil gehen musste, zunächst nach London, dann in die USA. Er war ein enger Freund und Biograph von Franz Kafka.
Beispielwerke:
Goethe in Böhmen (Biografie, 1932)
Die verlorene Geliebte (Erzählungen, 1956)


Egon Erwin Kisch (1885-1948): Der „rasende Reporter“ aus Prag. Als Kommunist und Jude musste er bereits 1933, nach dem Reichstagsbrand, aus Deutschland fliehen. Er lebte im Exil in Prag, Wien, Paris und Mexiko.
Beispielwerke:
Der rasende Reporter (Reportagen, 1924)
Marktplatz der Sensationen (Reportagen, 1942)


Hanna Demetz (geb. 1936): Eine sudetendeutsche Schriftstellerin, die als Kind die Kriegsjahre und die Vertreibung miterlebte. Ihre Werke sind oft von diesen Erfahrungen geprägt. Obwohl sie nicht 1938 fliehen musste, da sie zu jung war, sind ihre Werke relevant für die Thematik der Vertreibung.
Beispielwerk:
Das Bild des Protektorats Böhmen und Mähren in der deutschen Literatur aus den Böhmischen Ländern (eine wissenschaftliche Arbeit, die sich auch mit ihrem Werk auseinandersetzt, hier wird ihr Werk als Beispiel für die Thematik der Vertreibung nach 1938/1945 genannt) (Quelle: library.upol.cz)


Gerade die Situation der Autorinnen ist oft unterrepräsentiert, daher möchte ich hierauf einen besonderen Fokus legen:

Lenka Reinerová (1916-2008):
Hintergrund: Sie war eine deutschsprachige Prager Schriftstellerin und Journalistin jüdischer Herkunft, die als „die letzte Prager Deutsche“ bekannt wurde. Nach dem Münchner Abkommen musste sie 1939 aus der Tschechoslowakei fliehen und fand über Frankreich und Marokko schließlich in Mexiko Zuflucht. Nach dem Krieg kehrte sie in die Tschechoslowakei zurück, wurde aber später im Rahmen der stalinistischen Schauprozesse verhaftet und inhaftiert.

Beispielwerke:
Das Hotel zum Löwen: Geschichten aus Prag (1998)
Das Geheimnis der siebten Saite (2000)

Bedeutung: Ihre Werke sind eine wichtige Quelle für das Verständnis der multikulturellen Prager Identität und des Schicksals der deutschen Juden in der Tschechoslowakei.


Grete Weiskopf (geb. Reiner, 1905-1966) – Pseudonym Alex Wedding:
Hintergrund: Sie war eine deutsche Kinderbuchautorin und Kommunistin, die seit 1933 im Prager Exil lebte. Nach dem Münchner Abkommen musste sie 1938 die Tschechoslowakei verlassen und floh über Frankreich in die USA, später nach China und schließlich in die DDR. Sie ist zwar keine direkte „Sudetendeutsche“ im engeren Sinne, aber ihr Exil in Prag und die Flucht von dort machen sie relevant für diesen Kontext.

Beispielwerke:
Ede und Unku (1931) – ein bekanntes Jugendbuch, das das Leben von Roma-Kindern thematisiert und bereits vor der NS-Zeit ein wichtiges Zeichen gegen Diskriminierung setzte.
Das Eismeer ruft (1936)


Anna Seghers (1900-1983):
Hintergrund: Eine der bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. Obwohl sie nicht aus dem Sudetenland stammte, lebte sie nach 1933 als Kommunistin und Jüdin im französischen Exil und wurde nach dem Fall Frankreichs 1940 zur Flucht gezwungen. Ihr Schicksal steht exemplarisch für viele, die in der Tschechoslowakei gehofft hatten, sicher zu sein, und dann erneut fliehen mussten. Ihre Werke sind eng mit dem Exil und dem Kampf gegen den Faschismus verbunden.

Beispielwerke:
Transit (1944) – ein Roman, der die Verzweiflung und Odyssee von Flüchtlingen in Marseille während des Zweiten Weltkriegs eindringlich schildert und autobiografische Züge trägt.
Das siebte Kreuz (1942)

Weitere Autoren:

F.C. Weiskopf (1900-1955):
Hintergrund: Ein tschechoslowakischer Schriftsteller und Journalist jüdischer Herkunft, der in Prag lebte und aus dem deutschsprachigen Kreis Prags stammte. Er musste 1939 vor den Nationalsozialisten fliehen, nachdem das Münchener Abkommen die Lage für jüdische und politisch unliebsame Intellektuelle in der Tschechoslowakei verschärft hatte. Er emigrierte in die USA.

Beispielwerke:
Die Versuchung (1937)
Abschied vom Frieden (1946)

Ernst Weiss (1882-1940):
Hintergrund: Ein österreichischer Arzt und Schriftsteller, der ebenfalls zu den Prager Deutschen zählte und ein Freund Kafkas war. Er lebte seit 1934 im Pariser Exil. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs beging er 1940 Selbstmord, um der Verhaftung durch die Gestapo zu entgehen. Sein Schicksal verdeutlicht die extreme Gefahr, der Exilanten ausgesetzt waren.

Beispielwerk:
Der Augenzeuge (1963, posthum erschienen) – ein Roman, der sich mit der Psychologie Hitlers auseinandersetzt und als frühe „Hitler-Roman“ gilt.

Otfried Preußler (1923-2013):
Hintergrund: Der bekannte Kinderbuchautor wurde im Sudetenland (Reichenberg, heute Liberec) geboren. Obwohl er nicht vor 1938 fliehen musste, prägten die Erfahrungen des Krieges und der anschließenden Vertreibung der Sudetendeutschen nach 1945 (die eine direkte Folge der Ereignisse von 1938 und des Zweiten Weltkriegs war) sein Leben und teilweise auch sein literarisches Werk. Er verarbeitete seine Herkunft und die Vertreibungserfahrungen indirekt in seinen Geschichten, die oft von Heimat, Abenteuer und der Suche nach einem Platz in der Welt handeln.

Beispielwerke, die auch im Kontext seiner Herkunft gelesen werden können:
Der Räuber Hotzenplotz (1962)
Krabat (1971) – hier können sich Motive von Heimatverlust, Flucht und Neuorientierung finden, auch wenn es ein fantastischer Roman ist. (Quelle: Deutschlandfunk Kultur, „Tschechien und seine Deutschen – was ist geblieben?“, erwähnt Preußler im Kontext seiner sudetendeutschen Heimat)


Autoren, die das Thema Vertreibung aus einer späteren Perspektive aufgreifen:

Markéta Zinnerová (geb. 1942): Obwohl sie erst nach dem Krieg geboren wurde, ist es wichtig zu erwähnen, dass die literarische Aufarbeitung der Vertreibung und des Holocaust durch tschechische Frauen auch in späteren Generationen fortgesetzt wurde. Zinnerová hat in ihren Werken (oft Drehbücher und Kinderbücher) auch historische Themen aufgegriffen, die die komplexen Verhältnisse der Region spiegeln. Sie ist ein Beispiel dafür, wie die Nachkriegsgenerationen die Wunden der Vergangenheit behandeln.

Reinhard Jirgl (geb. 1953): Obwohl selbst nicht direkt vertrieben, hat er in seinem Roman „Die Unvollendeten“ die Familiengeschichte seiner sudetendeutschen Großmutter aus Komotau/Chomutov aufgearbeitet und damit das Thema der Vertreibung in die Gegenwart getragen.

Kateřina Tučková (geb. 1980): Eine tschechische Autorin, die mit ihrem Roman „Gerta. Das deutsche Mädchen“ (Originaltitel: „Vyhnání Gerty Schnirch“) die Vertreibung aus tschechischer Perspektive beleuchtet und dabei auch die Erfahrungen der deutschen Minderheit in Brno (Brünn) thematisiert.

„Künste im Exil“ (Exil Archiv der Deutschen Nationalbibliothek): Eine hervorragende Ressource, die viele der genannten Personen und deren Schicksale im Kontext des Exils beleuchtet.

„Handbuch der deutschen Literatur Prags und der Böhmischen Länder“: Ein umfassendes Werk, das sich mit der deutschsprachigen Literatur dieser Region befasst und auch die Exilautoren berücksichtigt.

Collegium Carolinum, München: Forschungseinrichtung für die Geschichte Tschechiens und der Slowakei, bietet zahlreiche Publikationen zur Geschichte der Sudetendeutschen und des Exils.

Adalbert Stifter Verein: Fördert die Kultur der Deutschen aus Böhmen, Mähren und Schlesien und hat ebenfalls Publikationen zu Schriftstellern dieser Herkunft.


Die Flucht und Vertreibung der Schriftsteller und Intellektuellen aus dem Sudetenland und der gesamten Tschechoslowakei war ein immenser Verlust für die mitteleuropäische Kulturlandschaft und ein tragisches Kapitel in der Geschichte dieser Region. Ihre Werke, die oft im Exil entstanden, sind aufschlussreiche Zeugnisse dieser Zeit.


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