Franz Hohler - Das Päckchen - Der Abrogans - Stiftsbibiothek St Gallen

DAS ÄLTESTE DEUTSCHE BUCH: DIE ABROGANS-HANDSCHRIFTDER STIFTSBIBLIOTHEK ST. GALLEN

Das älteste deutsche Buch ist die «Abrogans»-Handschrift (Codex 910), die sich im Besitz der Stiftsbibliothek St. Gallen befindet. Sie entstand vor etwa 1200 Jahren im alemannischen Raum und ist nach dem ersten lateinischen Wort ihres Textes benannt.

Bedeutung und Inhalt:

  • Es handelt sich um das früheste und vollständigste Exemplar eines lateinisch-althochdeutschen Wörterbuchs, das von A bis Z angeordnet ist.
  • Es sind 3239 althochdeutsche Wörter überliefert, die Übersetzungen lateinischer Synonyme darstellen.
  • Ein lateinischer Traktat wird gefolgt vom althochdeutschen Vaterunser und dem Glaubensbekenntnis, die hier zum ersten Mal schriftlich festgehalten wurden.
  • Die Handschrift wird als eine Art Enzyklopädie bedeutungsmäßig interessanter und erklärungsbedürftiger Wörter aus profaner und sakraler, später auch christlicher Kultur beschrieben.

Historischer Hintergrund und Stand der Forschung:

  • Die Herkunft der Handschrift konnte bisher nicht vollständig geklärt werden. Msgr. Professor Johannes Duft aus St. Gallen vermutet jedoch, dass der «Abrogans» im ersten Buchkatalog des Klosters St. Gallen, dem Breviarium librorum de coenobio Sancii Galli (nach 850 n. Chr.), unter den „Libri glosarum Volumina VIII“ verzeichnet ist.
  • Im Jahr 1977 erschien eine Faksimileausgabe der Handschrift, herausgegeben vom Fachverlag Zollikofer in St. Gallen.
  • Ein Kommentarband begleitete die Faksimileausgabe. Professor Bernhard Bischoff aus München und Msgr. Professor Johannes Duft beleuchteten darin Geschichte, Anlage, Schrift und Ausstattung der Handschrift.
  • Professor Stefan Sonderegger aus Zürich widmete sich im zweiten Teil des Kommentarbandes der germanistischen Bedeutung und Einordnung des «Abrogans», einschließlich Sprachstand und Inhalt. Er redigierte auch die Transkriptionen des lateinisch-althochdeutschen Glossars und des althochdeutschen Anhangs (Paternoster und Credo).
  • Bereits seit 1844 sind Transkriptionen für auswärtige Leser über den Verlag Scheitlin und Zollikofer in St. Gallen verfügbar.

Quellen: Das älteste deutsche Buch. Die ‚Abrogans‘- Handschrift der Stiftsbibliothek St. Gallen (vollständig in 2 Bänden). Im Facsimile herausgegeben und beschrieben von Bernhard Bischoff, Johannes Duft und Stefan Sonderegger. Mit Transkription des Glossars und des althochdeutschen Anhangs von Stefan Sonderegger.
Band 1: Facsimile; Band 2: Textband.
Herausgeber: Bernhard Bischoff, Johannes Duft und Stefan Sonderegger
Verlag: St. Gallen: Zollikofer Fachverlag, 1977

Librarium : Zeitschrift der Schweizerischen Bibliophilen-Gesellschaft


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