Erik Martin - Muschelhaufen - Sequoia-Farm

Erik Martin – Muschelsammler zwischen Wald und Wort

Erik Martin (1936 – 2017) war ein Mann vieler Talente: Autor, Liedermacher, Herausgeber und Naturschützer. Sein Leben war geprägt von einer tiefen Verbundenheit zur Natur, zur Literatur und zur Jugendbewegung. Als ältester Sohn von Ernst Josef und Illa Martin, den Gründern der Sequoia-Farm in Kaldenkirchen, wuchs er zwischen Mammutbäumen auf – ein Ort, der ihn prägte und zeitlebens ein wichtiger Bezugspunkt blieb.

Ein Leben zwischen Rebellion und Literatur

Erik Martins Kindheit und Jugend waren bewegt, ja rebellisch. Seine Eltern, beide selbstständige Zahnärzte, erwarteten Anpassung – doch der junge Erik war kein Kind der Adenauer-Ära. Er liebte die Natur, Abenteuer und provozierte mit seiner Unangepasstheit. Seine Wildheit führte ihn ins Jesuiten-Internat, von dem er floh; später trieb es ihn bis nach Sizilien, ehe er, mittellos und erschöpft, nach Deutschland zurückkehrte.

Doch er biss sich durch: Nach dem Abitur am Kempener Thomaneum wurde er Lehrer für Deutsch und Biologie. Die Literatur aber blieb sein Ventil. In seinem autobiografischen Buch „Die schwierigen Jahre. Jugend 1949–56“ (1995) verarbeitete er die prägenden, oft schmerzhaften Erfahrungen seiner Jugend. Parallel engagierte er sich leidenschaftlich in der Pfadfinder- und Waldjugendbewegung, für die er zahlreiche Lieder schrieb. Stücke wie „Wenn der Abend naht“ oder „Der Piet am Galgen“ wurden zu Klassikern der bündischen Jugend und werden bis heute gesungen.

Der »Muschelhaufen«: Eine Zeitschrift wie keine andere

Sein wohl nachhaltigstes Vermächtnis ist die von ihm herausgegebene Jahresschrift Muschelhaufen. Allein in Deutschland existieren rund 400 Literaturzeitschriften – in diesem dicht besetzten Feld zu bestehen, ist fast unmöglich. Doch Erik Martin hat es geschafft: Seit 1969/70 gab er dieses international angesehene Projekt heraus, ein Unikat der Literaturszene.

In seinem bescheidenen Arbeitszimmer in Dülken, ohne Assistenten oder Sekretärin, realisierte er sein Lebenswerk. Der „Muschelhaufen“ war keine gewöhnliche Zeitschrift:

  • Erstveröffentlichungen – Jeder Text erschien hier zum ersten Mal.
  • Vielfalt – Lyrik, Prosa, Grafiken, sogar Krimis fanden Platz.
  • Grenzenlos – Von etablierten Autoren wie Ernst Jandl bis zu unbekannten Talenten wie der 18-jährigen Vera Milena Meyer.
  • International – Die Zeitschrift reiste in alle Welt, von Kanada bis Schweden, und wurde in Medien wie der FAZ oder dem DeutschlandRadio besprochen.

Anfang der 1960er begann alles mit einem bescheidenen „Mitteilungsblatt“ namens „Grenzwaldfahrer“. 1970 wurde daraus der „Muschelhaufen“, benannt nach der Idee, dass Leser wie Muschelsammler verborgene Perlen entdecken sollen. „Schillernd bunte, auch schon zerkratzte, manchmal kleine und seltsam verformte Muscheln liegen vor dem Leser, er mag sie öffnen …“, schrieb Martin im Editorial.

Ein unermüdlicher Literaturförderer und Naturschützer

Auch abseits der Literatur blieb Erik Martin aktiv. Auf der Sequoia-Farm, die seine Eltern 1946 gründeten, führte er dendrologische Führungen durch und setzte sich für den Schutz seltener Baumarten ein. Für sein Engagement – etwa ein Fledermaus-Wiederansiedlungsprojekt im Kaldenkirchener Grenzwald – und sein Jugendbuch „Fjellwanderung“ erhielt er 1997 den Klaus-Gundelach-Preis der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.

Bis ins hohe Alter arbeitete er unverdrossen an neuen Ausgaben des „Muschelhaufens“. Die nächste sollte grönländischer Literatur gewidmet sein – doch der Postbote brachte täglich neue Manuskripte, denn Martins Urteil war gefragt. Selbst Größen wie Günter Kunert schätzten seine Kritik: Als Martin ihn auf einen Fehler in einem Gedicht hinwies, akzeptierte Kunert dies ohne Widerrede. „Das können nur die ganz Großen“, bemerkte Martin dazu.

Erik Martin starb 2017 im Alter von 81 Jahren, hinterließ seine Frau Anneli, zwei Kinder und ein Werk, das zwischen Lyrik, Naturschutz und literarischer Entdeckungslust oszilliert. Er war ein Mann, der sich nie einsperren ließ – weder als Jugendlicher noch als Autor. Stattdessen schuf er Räume: für Worte, für Lieder, für Bäume. Und für all jene, die wie er daran glaubten, dass man Perlen auch in den unscheinbarsten Muscheln finden kann.

Quellen: wikipedia (Erik Martin und Muschelhaufen) – Redaktionsbüro Karin Schliffke – RP Online


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