Renatus Deckerts „Das erste Buch. Schriftsteller über ihr literarisches Debüt“, erschienen 2007 im Suhrkamp Verlag, ist eine Anthologie, die sich der Bedeutung des ersten veröffentlichten Werks von Autoren widmet. Für dieses Projekt bat Deckert fast einhundert deutschsprachige Schriftstellerinnen und Schriftsteller, ihre Gedanken und Erfahrungen zu ihrem Debüt in einem Text zu formulieren, oft Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung.
Der Band versammelt Beiträge, die einen Rückblick auf die deutschsprachige Literatur von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart ermöglichen. Die Texte beleuchten die Umstände der Veröffentlichung des Erstlings, die Resonanz im Literaturbetrieb und die individuellen Eindrücke der Autoren beim Wiederlesen ihres ersten Werkes. Die Beiträge zeigen die unterschiedlichen Anfänge literarischer Karrieren, die nicht immer mit dem ersten offiziell publizierten Werk zusammenfielen.
Die Texte thematisieren verschiedene Aspekte und Reaktionen der Autoren auf ihr Debüt. Sie reichen von positiven Bewertungen bis hin zu kritischen Distanzierungen vom eigenen Erstling. Autoren sprechen über die Erfahrungen mit der Veröffentlichung, die öffentliche Wahrnehmung und ihre persönliche Einschätzung des damals Geschriebenen.
Vorgestellte Autoren & Autorinnen (Auswahl)
Martin Walser beschreibt das Gefühl des „Alleinseins“ beim Schreiben seines Debüts und die damalige Präsenz Kafkas für ihn.
Hans Magnus Enzensberger empfindet einen „rechthaberischen Gestus“ in seinem Erstling, der ihm heute nicht mehr entspricht.
Jürgen Becker formuliert beim Blick in seinen ersten Gedichtband von 1964 das Gefühl, „den Boden unter den Füßen zu verlieren.“
Wilhelm Genazino beschreibt, was er beim Wiederlesen als „stark redundantes Gestammel und Gestöhne über die Schmerzen der Jugend“ wahrnimmt.
Peter Handke lehnte es Berichten zufolge ab, seinen Debütroman „Die Hornissen“ erneut zu lesen.
Monika Maron erwähnt die „10.000 Mark Schulden“, die sie während des Schreibens von „Flugasche“ ansammelte, und erinnert sich an den 13. Februar 1981, den Tag der Auslieferung des Buches in der damaligen BRD.
Brigitte Kronauer stellte ihren Prosaband von 1974 nach der Veröffentlichung in ihren VW, um die Information der Neuerscheinung zu verbreiten.
Katja Lange-Müller kommentiert das Wiederlesen der eigenen Texte als vergleichbar mit dem Treffen eines Zombies, der glücklicherweise nicht das Herz trifft.
Autoren wie Friedrich Christian Delius äußern sich zufrieden und sehen keinen Grund, sich ihrer ersten Gedichte zu schämen. Eckhard Henscheid bewertet seinen Debütroman „Die Vollidioten“ (1973) weiterhin positiv.
Auch Adolf Endler, dessen Gespräche mit Deckert in „Dies Sirren“ mündeten, ist in diesem Band vertreten.
Diese Anthologie beleuchtet die Rolle des ersten Buches für den weiteren literarischen Werdegang und die Reflexionen der Autoren im Rückblick. Es bietet einen Einblick in die Prozesse des Schreibens und die Autorenschaft.
Renatus Deckert | Das erste Buch
Schriftsteller über ihr literarisches Debüt
Herausgegeben und mit einem Vorwort von Renatus Deckert
© Suhrkamp Verlag 2007
suhrkamp taschenbuch 3864
978-3-518-45864-8
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