Wäre ich ein Polit-Unternehmer, der die Welt regiert…

/ Nach Paul Klee, für das Zeitalter der Public-Private-Power-Plays

Wäre ich ein Polit-Unternehmer, der die Welt regiert,
ich würde Milliardengewinne „nachhaltig“ verwalten –
den Regenwald retten, aber nur als CO₂-Zertifikat,
und Flüchtlingsboote stoppen … mit Drohnen, die mein Start-up baut.

„Gemeinwohl“ wär mein Hashtag, doch der Deal macht mich zum Gott:
Ich spreng‘ die Steuertöpfe, nenn‘s „Innovationsfonds“,
und wenn die Presse nachhakt, spendier‘ ich Schul-Tablets,
damit die Algorithmen meinen Namen sanft verwalten.

Das Gute muss bestehen, klar – doch nur als Premium-Feature,
denn wer kein Abo zahlt, verliert das Recht auf Luft und Wasser.
Revolution? Die läuft als Event in meiner Metaverse,
mit VIP-Tickets für Lobbyist:innen und ChatGPT-Minister.

Ich bin leicht zu überlisten: Schenk mir einen Orden,
und schon dreh‘ ich Gesetze für deine Sonderzone.
Doch manchmal, nachts, im Panzerlimo-Dunkel, denk‘ ich:
Bin ich der Retter – oder nur ein Händler, der sich selbst verkauft?


Eine Einsortierung

Die Hybrid-Figur als Systemkritik
Der „Polit-Unternehmer“ verkörpert die Realität von Oligarchen, Tech-Mogul-Politikern (à la Bloomberg, Thiel) oder Konzernlenker:innen, die via Stiftungen Gesetze prägen. Die Zeile „CO₂-Zertifikate“ vs. „Drohnen“ zeigt das Doppelspiel aus scheinbarer Ethik und Profitlogik (z. B. „grüne“ Initiativen, die Rüstungsfirmen finanzieren).

Macht als Dienstleistung
Die Vermischung von Staat und Business wird zur Parodie:„Innovationsfonds“ = Subventionen für eigene Firmen.
„Schul-Tablets“ = Datensammeln im Tausch für Schweigen.
„Revolution als Metaverse-Event“ = Aktivismus als Marketing (z. B. BlackRock als „Klimaretter“).

Das Zitat „Recht auf Luft und Wasser“
Kritik an der Kommodifizierung von Lebensgrundlagen: Wasser als Aktie, saubere Luft als Luxus (vgl. Smog-Masken-Industrie in Megastädten).

Selbstzweifel als PR-Strategie
Die Schlusszeilen („Bin ich der Retter – oder nur ein Händler…“) spiegeln die Inszenierung von „Authentizität“ bei Machthaber:innen (z. B. Elon Musks „existenzielle Twitter-Krisen“, die Aufmerksamkeit generieren). Der echte Zweifel wird zum Spektakel.

„Lobbyist:innen und ChatGPT-Minister“
Eine Anspielung auf die Entmenschlichung von Politik: KI-gesteuerte Verwaltung, die scheinbar neutral ist, aber von Konzerninteressen programmiert wird („Regulierung? Sorry, mein Algorithmus sagt Nein.“).


Die Relevanz dieser Figur

Philanthropie als Machtinstrument: Gates, Bezos & Co. definieren über Stiftungen globale Gesundheits- oder Bildungspolitik – ohne demokratische Legitimation.

Politik als Geschäftsmodell: Von Trump (Hotels + Präsidentschaft) bis zu Berlusconis Medienimperium – die Grenzen zwischen Amt und Asset verschwimmen.

Start-up-Staaten: Tech-Konzerne bauen „Smart Cities“ (Neom, Sidewalk Labs) und werden zu de facto Regierungen.


Klees Gott war ein Spiel mit göttlicher Überforderung. Der Polit-Unternehmer von heute ist ein Zyniker mit Excel-Tabellen, der Humanismus als „Impact-ROI“ berechnet. Das Gedicht wäre eine düstere Komödie:
„Ja, ich rette die Welt – aber nur, weil sie sich steuerlich lohnt.“
Doch gerade darin liegt die Pointe: Je mehr Macht sich in solchen Hybridfiguren konzentriert, desto menschlicher (und brutaler) wirken ihre Schwächen – Gier, Eitelkeit, die Angst, als Hochstapler:in entlarvt zu werden.

Hier eine weitere Variante des Gedichts. Das Original können Sie in diesem Beitrag lesen.

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