Aus der Nachbemerkung des Herausgebers Walter Urbanek: Diese Sammlung soll der Freude am Gedicht dienen. Bei der Auswahl waren daher künstlerische, nicht textkritische Gesichtspunkte maßgeblich. Einige ältere Gedichte werden hier gekürzt wiedergegeben in der Absicht, zeitgebundene Schwächen wie Längen oder Wiederholungen zu beseitigen und so das Kunstwerk dem heutigen Leser näherzubringen.
Sehr geehrter Herr Urbanek, das ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen, allerdings wären mir – zumindest kurze – Hinweise, Empfehlungen zu Interpretation und gegebenfalls zeitgeschichtlicher Einordnung lieber gewesen. Und was ich besonders geschätzt hätte: Notate zur Auswahl einzelner Gedichte.
Einen ersten Satz, der festgehalten werden könnte, gibt es hier nicht. Dafür hat mich die Widmung, der Anthologie vorangestellt ist, zunächst von der Lektüre entfernt:
Heinz Römer
József Akos Boros
Tibor von Brody
in Erinnerung an Cegléd 1945
Was geschah damals in Cegléd? Hat die Widmung einen Bezug zur Lyrik-Auswahl? Wer sind diese Herren? (Eine – oberflächliche – Suche im Web brachte bisher keine eindeutigen Ergebnisse.)
„Deutsche Lyrik aus zwölf Jahrhunderten“, eine im Jahr 1958 im Ullstein Verlag erschienene Anthologie, stellt eine umfassende Zusammenstellung der deutschen Dichtkunst dar. Ausgewählt und herausgegeben wurde dieser Band von Walter Urbanek (1911-1981), einem renommierten deutschen Germanisten und Literaturwissenschaftler. Die Publikation, die in der populären Taschenbuchreihe „Ullstein Bücher“ (Nr. 93) erschien, machte ein breites Spektrum deutscher Lyrik einem großen Publikum zugänglich.
Die Anthologie spannt einen Bogen über einen immensen Zeitraum von über 1200 Jahren und präsentiert Gedichte von den Anfängen der deutschen Poesie bis in die Neuzeit. Urbaneks sorgfältige Auswahl umfasst Werke von Minnesängern, mystischen Dichtern, den großen Meistern der Klassik und Romantik bis hin zu modernen Stimmen. Dadurch bietet das Buch nicht nur eine vielseitige Sammlung von Gedichten, sondern ermöglicht es Lesern auch, die stilistischen, thematischen und sprachlichen Entwicklungen der deutschen Lyrik über die Jahrhunderte hinweg nachzuvollziehen.
Walter Urbanek war bekannt dafür, Wissen klar und zugänglich zu präsentieren und für seine fundierten Kenntnisse der deutschen Literaturgeschichte. Er hat neben dieser Lyrikanthologie weitere bedeutende Werke herausgegeben, darunter „Lyrische Signaturen: Zeichen und Zeiten im deutschen Gedicht“, „Europa im Gedicht: Lyrik des XX. Jahrhunderts“ und „Deutsche Literatur: Das 19. und 20. Jahrhundert“. Seine Anthologien zeichnen sich stets durch eine durchdachte Konzeption aus, die über das bloße Sammeln von Texten hinausgeht und einen Rahmen zum Verständnis und zur Analyse der jeweiligen Epochen und Dichter bietet.
„Deutsche Lyrik aus zwölf Jahrhunderten“ gilt als ein Klassiker unter den Lyrikanthologien und wird auch heute noch als Referenzwerk geschätzt. Es bietet einen guten Einstieg in die deutsche Lyrikgeschichte. Da es sich um eine ältere Ausgabe handelt, ist das Buch heutzutage primär in Antiquariaten oder über Online-Anbieter für gebrauchte Bücher erhältlich.
Buchinformationen
Titel: Deutsche Lyrik aus zwölf Jahrhunderten
Herausgeber/Auswahl: Walter Urbanek
Verlag: Ullstein
Reihe: Ullstein Bücher Nr. 93
Erscheinungsjahr: 1958
Im Bestand
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