Ille Chamiers Stil ist schwer zu imitieren – weil er nicht nur Technik, sondern eine Haltung ist. Ihre Sprache wirkt wie gehämmertes Geröll: kantig, verdichtet, mit plötzlichen Bildsprüngen. Ein Gedicht zum Thema „Sorgearbeit und Schreiben“ hätte bei ihr möglicherweise so geklungen:
Mögliche Stilmerkmale (rekonstruiert aus ihren Texten):
Lakonische Präzision:
Nicht:
„Die Last der unendlichen Pflichten drückt mich nieder“
Sondern:
Fünf Teller. / Fünf Hemden. / Fünf Sätze. / Keiner ganz.
Körperliche Metaphorik:
Nicht:
„Ich bin müde vom vielen Arbeiten“
Sondern:
Die Wirbelsäule / ein Fragezeichen / das nach der Decke sticht.
Gebrochene Syntax:
Sie zersplittert Sätze, um den Gedankenabbruch durch Alltagsunterbrechungen zu spiegeln:
Schreib ich – (Milch kocht über) – / das Wort erstickt / im Dampf.
Ironische Selbstbefragung:
Chamier stellt sich selbst infrage – ohne Pathos:
Lächeln? / (Ja.) / Weinen? / (Später.) / Fliegen? / (Hu Hu.)
(Anspielung auf ihren Buchtitel „Hu Hu – I can fly and you?“)
Minimalistische Wut:
Ihre Empörung schimmert durch Kargheit:
Stille. / Nur die Feder / kratzt / gegen die Wand / aus Zeit.
Auch wenn mein Versuch gescheitert ist; lehrreich ist er allemal.
Chamiers Stil entzieht sich bewusst der „Glättung“. Ihre Texte wirken auf mich oft wie Notizen unter Hochdruck:
Enjambements brechen Rhythmen („sie hat die Hände / in der Luft“),
Alltagsvokabular wird durch unerwartete Kombinationen aufgeladen („gezinktes Licht“ = manipuliertes Licht?),
Kindersprache („Hu Hu“) kollidiert mit existenziellen Fragen.
Vielleicht finde ich noch ein Gedicht von ihr, das sich mit „Sorgearbeit/Care-Arbeit und Schreiben“ beschäftigt.
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