I Ein öffentlicher Bücherschrank, die Bushaltestelle am Weg zur Elbfähre. Zwischen abgegriffenen Romanen, Ratgebern und Krimis stehen dort drei Bücher, die ich dort nicht erwartet habe: Andersen – Märchen und Geschichten mit 19 Scherenschnitten | Peter Weiss – Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats…mit eingelegten Zeitungsausschnitten und das lesebuch von Franz Mon. Ich nehme sie heraus, blättere, lese ein paar Sätze, bleibe immer wieder hängen. Der Hund ruft mich inzwischen aus dem Auto. 
Diese Bücherschränke sind für mich Orte des Zufalls. Jemand stellt etwas hinein, jemand anderes nimmt es heraus – dazwischen eine unsichtbare Geste der Weitergabe. Ein indirekter Austausch zwischen Menschen, die einander nicht kennen, nur über ein Buch miteinander in Verbindung treten. 
Ich frage mich, wer diese Bücher gelesen hat und warum sie nun weitergegeben wurden. Gibt man ein Buch aus Platzmangel fort – oder weil man mit ihm fertig ist? Weil es seine Arbeit getan hat? 
Manchmal wünsche ich mir, ich könnte den Vorbesitzenden begegnen. Mich mit ihm oder ihr über die Lektüre austauschen, über das, was hängen blieb, oder über das, was man loswerden wollte. 
Das Titelbild ist dem Buch von Andersen entnommen.


Schreibe einen Kommentar