Ergänzung zu Kurt Schumachers Fallender | Einige zeitgenössische Texte und künstlerische Positionen, die Kurt Schumachers Skulptur und den Widerstandsgedanken neu reflektieren. Hier eine Auswahl mit Schwerpunkt auf jüngeren Werken (ab 2000):
Widerstand als ethische Grammatik
Uwe Kolbe: „Der Gott der Frechheit“ (2021)
Kolbes Gedichtzyklus verbindet historische Widerstandsfiguren mit aktuellen Protestformen. Die Zeile „Die aufrechte Krümmung des Rückgrats / im Fall“ bezieht sich explizit auf Schumachers Skulptur und deren Dialektik von Sturz und Aufrichtung 13.
Bezug: Kolbe deutet das Blutmotiv als „Tintenfaden der Erinnerung“, der NS-Opfer mit heutigen Demokratiebewegungen verbindet.
Péter Nádas: „Parallelgeschichten“ (2022, dt. Übers.)
Der ungarische Autor stellt Schumachers Schicksal („Ein Bildhauer, der Bronze zum Schreien brachte“) in den Kontext osteuropäischer Diktaturerfahrungen. Sein Kapitel über Gestapo-Verhöre zitiert Schumachers letzte Worte: „Die Verantwortung tragen Sie“.
Künstlerische Interventionen als materialisierte Erinnerung
Manfred Peckl: „Netzwerk“ (2021, Berlin)
Installative Rekonstruktion der „Roten Kapelle“: Rote Fäden verbinden Fotos Hingerichteter (u.a. Schumacher). Begleittext: „Jeder Faden ein abgeschnittener Lebensfaden – jedes Knäuel ein ungeschriebenes Manifest“ 5.
Ausstellung: „Points of Resistance“, Zionskirche Berlin – Ort des realen Widerstandstreffpunkts 514.
Kerstin Serz: „Blumen des Widerstands“ (2020)
Gemäldeserie, in der Sophie Scholl und Kurt Schumacher als „geisterhafte Doppelporträts“ erscheinen. Zentrales Symbol: Schmelzendes Bronzeherz, das auf die zerstörten Skulpturen Schumachers anspielt.
Theoretische Neuverortungen
Wolfgang Benz: „Widerstand als Legitimationsressource“ (2023)
Der Historiker analysiert Schumachers KZ-Satz „Was wir erdulden, wird uns die Berechtigung geben, vor das Volk zu treten“ als Gründungsnarrativ demokratischer Autorität. Seine These: Moderne Aktivisten wie Fridays for Future nutzen ähnliche moralische Legitimationsmuster.
Hildegard Fraueneder: „Gedenkkultur im Wandel“ (2022)
Kritik am „männerzentrierten Widerstandsdiskurs“: Sie verweist auf vergessene Frauen der „Roten Kapelle“ wie Elisabeth Schumacher (Graphikerin, ebenfalls hingerichtet) und Therese Klostermann (einzige Frau auf dem Wiener Freiheitskämpfer-Denkmal).
Poetische Mahnmale
„Stolperstein-Gedichte“ (Lyrikprojekt, ab 2017)
Über 200 Gedichte zu NS-Opfern, darunter „Atelierstraße 23“ für Schumacher (Jürgen K. Hultenreich, 2020):„
Hier stand der Amboss, / der den Sturz formte. / Hier fraß Feuer das Wort / in den Bronzefüßen.“
Verlegt vor Schumachers ehem. Atelier in Berlin-Tempelhof.
„Plötzenseer Epigramme“ (A. Köhler, 2019)
Kurztexte zur Hinrichtungsstätte, u.a. über den Doppelmord an Kurt und Elisabeth Schumacher († 22.12.1942):
„Sie trennten ihn von ihr durch vierundzwanzig Wände. / Doch als der Strick sie traf, / fiel ihr Atem in denselben Rhythmus.“
Digitale Erinnerungsformen
Virtuelles „Museum der Zerstörten Kunst“ (FU Berlin, laufend)
3D-Rekonstruktion von Schumachers zerstörten Werken basierend auf Gestapo-Akten. Sein „Fallender“ wird hier als „Hologramm der Abwesenheit“ inszeniert – mit dokumentierten Blutspuren der Atelierzerstörung 11.
Link: entartete-kunst.fu-berlin.de
#Unvergessen-Tweets (Gedenkstätte Deutscher Widerstand)
Kurzbiografien als Twitter-Threads, z.B. zu Schumachers Flugblattaktion:„12.9.1942: Gestapo stürmt Atelier. Sie zertrümmern 37 Skulpturen, aber nicht die Idee. Sein Flugblatt ‚Soldaten! Legt die Waffen nieder!‘ zirkuliert weiter im Osten. #WiderstandIstUnzerstörbar“
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