Das Buch „Petzow – Villa der Worte“ ist eine Anthologie, die das Schriftstellerheim in Petzow am Schwielowsee in den Mittelpunkt stellt. Zwischen 1955 und 1990 diente die malerisch gelegene Villa zahlreichen Autorinnen und Autoren als Rückzugsort zum Schreiben und Austausch. Namhafte Persönlichkeiten wie Brigitte Reimann, Reiner Kunze und Günter de Bruyn fanden hier Inspiration und Erholung. Die Sammlung umfasst Erinnerungen, Gedichte, Briefe und Tagebucheinträge, die ein lebendiges Bild des literarischen Lebens in diesem Refugium zeichnen.
„Hier hört man das Rascheln der Zeit – und manchmal antwortet man mit einem Text.“
(Unbekannter Gast des Schriftstellerheims, 1980er-Jahre)
Petzow selbst ist ein idyllischer Ort in Brandenburg, eingebettet zwischen dem Schwielowsee und dem Glindower See. Die einzigartige Lage auf einer Landzunge und das harmonische Zusammenspiel von Natur und Architektur machen Petzow zu einem besonderen Ausflugsziel. Das Dorfensemble, bestehend aus dem neogotischen Schloss, der Schinkelkirche und dem von Lenné gestalteten Landschaftspark, zeugt von einer bewegten Geschichte und beeindruckt durch seine ästhetische Gestaltung. Mit seiner pittoresken Landschaft, historischen Architektur und friedvollen Atmosphäre hat sich der Ort seit dem 19. Jahrhundert als Inspirationsquelle für Schriftsteller, Maler und Architekten etabliert.
Ein Highlight für Besucher ist der Gutspark Petzow, der nach Plänen des berühmten Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné gestaltet wurde. Mit seinen geschwungenen Wegen, reizvollen Sichtachsen und der Einbindung der umliegenden Seenlandschaft lädt er zum Spazieren und Verweilen ein. Historische Gebäude wie das Waschhaus, die Fischerhütte und die Alte Schmiede fügen sich harmonisch in die Parklandschaft ein und erzählen von vergangenen Zeiten.
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Für Literaturinteressierte bietet das Waschhaus im Park eine besondere Attraktion. Einst als Waschhaus des Gutsbetriebs genutzt, beherbergt es heute ein Heimatmuseum, das neben der Ortsgeschichte auch die Kultur des Wäschewaschens thematisiert. Die Ausstellung gibt Einblicke in die Vergangenheit Petzows und würdigt zugleich die literarische Bedeutung des Ortes.
Ein Besuch in Petzow ist wie eine Reise in eine andere Zeit. Die Verbindung von kulturellem Erbe, literarischer Geschichte und natürlicher Schönheit macht den Ort zu einem Kleinod in Brandenburg, das es zu entdecken gilt.
Historische Bedeutung und kulturelles Erbe
Petzows Ruf als Künstlerort wurzelt in seiner Verbindung zu bedeutenden Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Der Schriftsteller Theodor Fontane (1819–1898), dessen Werk die Mark Brandenburg literarisch prägte, erwähnte den Schwielowsee in seinem Reisebericht „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. In Band 3 „Havelland“ schildert er die Region als Ort der Kontemplation:
„Der See selbst, still und klar, spiegelt Himmel und Ufer … hier ist die Welt noch in Ordnung.“
Fontanes Beschreibungen der Landschaft, die er als „poetisch“ und „märchenhaft“ lobte, zogen später Kreative an, die ähnlich fasziniert waren von der Harmonie zwischen Wasser, Wald und historischer Bausubstanz.
Ein weiterer Schlüssel zur kulturellen Strahlkraft Petzows ist seine Architektur. Die Dorfkirche Petzow, entworfen von Karl Friedrich Schinkel (1781–1841), gilt als Musterbeispiel preußischer Backsteingotik. Das nahe Schloss Petzow, gestaltet von Schinkels Schüler Ludwig Persius (1803–1845), ergänzt das Ensemble mit romantischen Türmchen und einem Park im englischen Stil. Diese Bauwerke, eingebettet in die Seelandschaft, schufen einen inspirierenden Rahmen, der Künstler wie den Maler Carl Blechen (1798–1840) anzog, der die Region in seinen Landschaftsgemälden festhielt.
Künstlerkolonien und kreatives Schaffen im 20. Jahrhundert
Im frühen 20. Jahrhundert wurde Petzow Teil eines Netzwerks von Künstlerkolonien rund um Berlin. Maler der Berliner Secession, darunter Max Liebermann (1847–1935), nutzten die Abgeschiedenheit am See, um fernab der Großstadt zu arbeiten. Liebermanns impressionistische Werke, die oft Seen und Gärten einfangen, spiegeln den Geist solcher Rückzugsorte wider. Auch Schriftsteller wie Gerhart Hauptmann (1862–1946) suchten die Region auf, um in Ruhe zu schreiben – ein Trend, der bis heute anhält.
Bekannte Gäste und ihre Verbindung zu Petzow
- Christa Wolf (1929–2011):
Die bedeutende DDR-Autorin verbrachte mehrfach Zeit im Schriftstellerheim, um an ihren Werken zu feilen. In Petzow entstanden Teile ihres Romans „Kindheitsmuster“ (1976), in dem sie sich mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinandersetzt. Wolf beschrieb die Atmosphäre am See als „Ort der Selbstbefragung“, an dem sie „die Stille fand, um Erinnerungen zu sortieren“ (aus einem Interview, 1983). - Günter de Bruyn (1926–2020):
Der Schriftsteller und Essayist, der in der Nähe in Görsdorf lebte, nutzte das Heim für Begegnungen mit Kolleg:innen . In seinem autobiografischen Werk „Zwischenbilanz“ (1992) erwähnt er die „melancholische Schönheit“ des Havellands und die produktive Ruhe Petzows. - Sarah Kirsch (1935–2013):
Die Lyrikerin, bekannt für ihre Naturmetaphorik, hielt sich in den 1970er-Jahren im Schriftstellerheim auf. Ihre Gedichtsammlung „Rückenwind“ (1976) enthält Anklänge an die Seenlandschaft, etwa in Zeilen wie: „Die Weiden am Ufer / schreiben sich krumm in den Wind.“ - Erwin Strittmatter (1912–1994):
Der Romanautor („Der Laden“) verbrachte Arbeitsaufenthalte in Petzow und ließ sich von der ländlichen Idylle inspirieren. In Briefen bezeichnete er den Ort als „Gegenwelt zum Berliner Lärm“. - Volker Braun (1939):
Der Dramatiker und Lyriker, einer der prägenden Köpfe der DDR-Literatur, nutzte das Heim in den 1980er-Jahren. Sein Gedichtzyklus „Langsamer knirschender Morgen“ reflektiert die Spannung zwischen Natur und politischer Realität – ein Thema, das die Abgeschiedenheit Petzows verstärkte.
Der Maler Wolfgang Mattheuer (1927–2004), bekannt für seine kritisch-realistischen Landschaften, äußerte einst:
„An Orten wie Petzow spürt man die Geschichte im Heute – jedes Blatt, jeder Stein erzählt.“
Petzow am Schwielowsee bleibt ein Symbol für die symbiotische Beziehung zwischen Natur und Kunst. Ob durch Fontanes Worte, Schinkels Architektur oder die stillen Stunden moderner Schaffender – der Ort steht für eine Tradition, die Kreativität aus Stille und Schönheit speist. Wer heute durch die Alleen des Schlossparks wandert oder den Blick über den See schweifen lässt, versteht, warum diese Landschaft seit jeher Seelen und Werke prägt.
„In Petzow verschmelzen Zeit und Raum zu etwas Ewigem – genau das, was Kunst braucht.“
(Unbekannter Künstler, 21. Jh.)
Petzow – Villa der Worte: Das Schriftstellerheim in Erinnerungen und Gedichten
von Margrid Bircken (Autor), Christel Hartinger (Autor), Harald Kretzschmar (Autor), Burkhard Raue (Autor), Marianne Schmidt (Autor)
Verlag: Verlag für Berlin-Brandenburg, 2016
Einband: Harcover, 320 Seiten
ISBN-10: 394525633X
ISBN-13: 978-3945256336