Robert Musil | Kurzporträt

Robert Musil | österreichischer Schriftsteller, Erzähler, Essayist und Dramatiker | besuchte von 1892-97 militärischer Bildungsinstitute, brach 1898 die Ausbildung auf der Techn. Militärakademie in Wien ab, um in Brünn Maschinenbau zu studieren (1901 Ingenieurstaatsprüfung); war 1902/03 Assistent an der Techn. Hochschule Stuttgart; studierte ab 1903 in Berlin Philosophie, Psychologie und Mathematik; schrieb 1908 eine Dissertation über Ernst Mach* [Ernst Waldfried Josef Wenzel Mach war ein österreichischer Physiker, Sinnesphysiologe, Philosoph und Wissenschaftstheoretiker sowie ein Pionier der gerade entstehenden Wissenschaftsgeschichte.]. Nach der Zeit als Bibliothekar an der TH in Wien (1911-13) war Musil bis zum Kriegsausbruch Redakteur der ›Neuen Rundschau< und Mitarbeiter der ›Aktion< in Berlin; er war im Ersten Weltkrieg österreischischer Offizier und gab ab 1916 die ›Südtiroler Soldatenzeitung< heraus, zuletzt im Kriegspressequartier tätig; bis 1922 Beamter im österr. Staatsdienst.
Ab 1923 lebte Robert Musil, sich gegen eine Univ.-Laufbahn entscheidend, als freier Schriftsteller, Kritiker und Essayist in Berlin und Wien und emigrierte 1938 über Italien nach Zürich; 1939 übersiedelte er nach Genf, wo er vereinsamt und verarmt starb.

Erste literarische Anerkennung fand Musil durch seinen Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törless (1906); als psychologische Darstellung der Pubertätsproblematik rezipiert, stellt das Werk jedoch weitaus mehr als gleichsam antizipierende Analyse des Faschismus die modellhafte Abbildung autoritärer Gesellschaftsstrukturen und die Zusammenhänge zwischen psychischen Dispositionen und totalitären Institutionen dar. Hier findet sich auch das Problem einer autonomen Ich-Findung des Subjekts im Spannungsfeld von Rationalität, Intellekt einerseits und Emotionalität und mystischer Welterfahrung andererseits.

Dieses Grundthema seines gesamten literarische Schaffens wurde dann in dem Fragment gebliebenen Hauptwerk Der Mann ohne Eigenschaften (1930 – 43, 3 Bde.), an dem er fast zwei Jahrzehnte bis zu seinem Tod schrieb, detailreich ausgeführt. Mit ideologiekritischer Ironie verarbeitete Musil darin das Entfremdungsphänomen bürgerlicher Intellektueller gegenüber der modernen Industriegesellschaft und der eigenen Subjektivität, modellhaft dargestellt anhand der untergehenden Donaumonarchie (>Kakanien<), deren geistiger Zusammenbruch in Chaos und Krieg führt, wobei das sich jedem ideologischen Gebundensein entziehende Individuum [Der Mann ohne Eigenschaften] die polar konstruierten Wirklichkeitszustände im mystischen Liebeserleben als Utopie des >anderen Zustandes< zur Synthese zu bringen versucht. Analog der erzählten Handlung als Experimentierfeld von Lebens- und Erfahrungsmöglichkeit des Ichs favorisiert die formale Umsetzung das reflektive Moment in Form von diskussionsartigen Dialogen, Erörterungen, kulturkrit. Abhandlungen, essayistischen und wissenschaftlichen Betrachtungen u. ä. und sprengt damit den Rahmen traditionellen Erzählens.

Zu Lebzeiten, trotz des Eintretens von namhaften Dichterkollegen wie u. a. H. von HOFMANNSTHAL, T. MANN, H. BROCH, A. ZWEIG und R. NEUMANN, von der literarischen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und von den Nationalsozialisten in Deutschland verfemt, setzte infolge der von ADOLF FRISÉ betreuten Werkausgabe (1952-55, 3 Bde.) eine intensive Rezeption ein, die in Musil neben Broch und Mann einen Erneuerer des modernen deutschen und des europäischen Romans sieht (neben J. Joyce und M. Proust).

Lebensdaten: * Klagenfurt 6.11. 1880, † Genf 15. 4. 1942  | seit 1917 Edler von

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Weitere Werke: Die Schwärmer (1921); Grigia (1923); Die Portugiesin 1923); Drei Frauen (1924): Vinzenz u. die Freundin bedeutender Männer (1924); Rede zur Rilke-Feier in Berlin am 16. 1. 1927 (1927); Nachlass zu Lebzeiten (1936); Über die Dummheit (1937).