Safiye Can – Aussicht auf Leben und Gleichberechtigung

Das Gedicht im Wortlaut (gekürzt):
„Frauen / kauft von Frauen / lest von Frauen // […] / bildet eine Faust / werdet laut! // […] / Die Welt muss lila werden.“

Entnommen dem Lyrikband Poesie und PANDEMIE von Safiya Can | Wallstein Verlag 2021

Was steht da?
Die Autorin richtet sich in direkter Ansprache an Frauen. In kurzen, imperativischen Zeilen fordert sie sie auf:

  • Solidarisch zu handeln („kauft von Frauen“, „steht zueinander“),
  • Sich zu organisieren („schließt euch zusammen“, „bildet eine Faust“),
  • Ihre Macht zu erkennen („erkennt eure Kraft“).
    Das wiederholte „Frauen“ wirkt wie ein Aufruf zur kollektiven Identität. Das Ziel ist explizit: eine radikale Veränderung („Die Welt muss lila werden“).

Wie sagt sie es?

  • Form: Kein Reim, keine Metaphern – die Sprache ist knapp, fast manifestartig.
  • Ton: Dringlich, aber nicht wütend; der Fokus liegt auf Empowerment, nicht auf Anklage.
  • Symbolik: „Lila“ als Farbe des Feminismus steht für die utopische Vision.

Was fehlt?
Männer werden nicht erwähnt – weder als Gegner noch als Verbündete. Das Gedicht kreist ausschließlich um weibliche Selbstermächtigung.

Aufbau des Gedichts

  • Wiederholung: Das Wort „Frauen“ beginnt jede Strophe – wie ein Ruf, der sich steigert.
  • Kurze Sätze: Keine Ausschweifungen, nur klare Aufforderungen („kauft von Frauen!“, „werdet laut!“).
  • Keine Geschichte: Es erzählt nichts, sondern handelt – wie ein Aufruf zur Tat.

Sprache

  • Befehlsform: Überall steht, was getan werden soll („lest!“, „steht zueinander!“).
  • Bilder:
  • „Bildet eine Faust“ → Nicht wörtlich gemeint, sondern: Werdet stark gemeinsam.
  • „Lila Welt“ → Kein realer Ort, sondern ein Traum von Gleichberechtigung.
  • Einfache Worte: Keine komplizierten Begriffe – alles soll sofort verstanden werden.

Wer spricht – und zu wem?

  • Eine Frau (oder Gruppe) zu anderen Frauen:
  • Männer werden nicht genannt, aber auch nicht beschimpft.
  • Es geht darum, unter sich Kraft zu sammeln.

Wirkung

  • Motivierend: Soll Energie geben („erkennt eure Macht!“).
  • Provozierend: Die Ausschlusshaltung kann irritieren – aber das ist wohl Absicht.

Vergleich mit anderen Texten

Ähnlich wie:

  • Protestplakate („Streik!“) → Kurz, laut, fordernd.
  • Liedtexte von Aktivist*innen (z. B. *„Sister“* von P!nk) → Gemeinschaftsgefühl wecken.

Was ich mitnehme

  1. Das Gedicht will etwas bewegen – nicht schön sein.
  2. Es ist kein Angriff, sondern ein Selbststärkungs-Tool für Frauen.
  3. Die Kraft liegt in der Einfachheit: Kein Rätselraten, nur Klartext.

Fragen zum Weiterdenken:

  • Würde der Text schwächer wirken, wenn er „Alle“ statt „Frauen“ sagen würde?
  • Kann Kunst, Literatur auch dann wertvoll sein, wenn sie bestimmte Menschen ausschließt?

Aus der Lektüre des Gedichtes sind diese Texte entstanden:

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