Diese kurze Geschichte ist ein tastender Gegenvorschlag. Wenn man den leisen Verlust am Ende von Peter Bichsels Erzählung umkehrt und stattdessen eine leise Bereicherung (klingt besser als Gewinn) imaginiert, ergibt sich eine alternative, aber im Geist verwandte Geschichte – sanft, zart, fast beiläufig, und dennoch mit existenzieller Tiefe.
Ich versuche sie so zu erzählen, wie Peter Bichsel sie hätte erzählen können – lakonisch, klar, unaufgeregt:
Die Geschichte von den drei Steinen (anders erzählt)
Ich fand einmal drei Steine. Sie sahen fast gleich aus, aber ich wusste sofort, dass sie nicht gleich waren. Ich nannte den einen Herrn Babel, den zweiten Herrn Bohm, den dritten Herrn Buht. Ich legte sie nebeneinander auf mein Fensterbrett, wo die Morgensonne sie traf. Wenn ich Kaffee trank, schaute ich sie an. Ich wusste nicht genau, ob Herr Bohm wirklich klüger war als Herr Buht. Aber ich stellte es mir manchmal vor.
Ich sprach mit ihnen, leise, und manchmal sprach ich für sie. Ich sagte: „Heute regnet es, Herr Babel.“ Und ich stellte mir vor, wie er das fand. Ich sagte: „Sie sehen müde aus, Herr Buht.“ Und dann legte ich sie ein Stück weiter nach hinten, ins Trockene.
Einmal kam Besuch. Ich sagte nichts von den drei Steinen. Ich dachte, es wäre besser so. Man hätte es nicht verstanden. Man hätte gesagt: „Das sind ja nur Steine.“ Und dann hätte ich nichts mehr sagen können. Also sagte ich nichts.
Aber manchmal, wenn niemand da war, holte ich Herrn Bohm in meine Jackentasche und nahm ihn mit auf einen Spaziergang. Er sagte nie etwas, aber es war angenehm, ihn dabei zu haben. Und ich dachte: Das ist vielleicht alles, was man braucht.
Die Steine wurden nicht anders. Sie blieben Steine. Aber ich war ein anderer, seit ich sie kannte. Ich wusste nicht genau, was das bedeutete. Aber ich hatte drei Namen in meinem Leben, die vorher nicht da waren. Und ich glaube, das war genug.
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