Aktiv/Bewegt Lesen – Bücher als Pool für eigene Ideen

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aktives lesen - ersatzgestalt

Was ist bewegt lesen? Bewegt lesen – so nenne ich meinen Ansatz zum aktiven Lesen – bedeutet, Bücher nicht nur zu konsumieren, sondern bewusst mit ihnen zu arbeiten. Der Begriff passt perfekt, weil Bücher mich tatsächlich in Bewegung setzen: vom Sofa zum Zeichentisch, vom Text zur Tat, von der Fiktion in die Realität. Statt passiv zu lesen, reagiere ich auf das Gelesene und übersetze es in eigene Handlungen. Bücher werden dadurch von abgeschlossenen Welten zu Werkstätten, in denen ich mein Denken und Handeln verändern kann.

Wie funktioniert das konkret?

Illustration als Antwort: Berührt mich eine Szene, greife ich zum Stift. Ich zeichne nicht nach, was der Autor beschreibt, sondern was die Stelle in mir auslöst. Diese Bilder werden zu visuellen Diskussionsbeiträgen.

Orte aufspüren: Beschreibt ein Roman einen Waldsee oder eine Großstadtgasse, suche ich ähnliche Orte auf. Ich vergleiche meine Sinneseindrücke mit der Fiktion und schreibe meine eigene Beschreibung.

Umschreiben und Weiterdenken: Was passiert, wenn die Nebenfigur zur Hauptfigur wird? Wenn ich das Ende einer Geschichte umdrehe? Solche Experimente helfen mir, Machtverhältnisse in Texten zu verstehen.

Verbindungen zum eigenen Leben: Welche Parallelen gibt es zwischen dem Gelesenen und meinem Alltag? Welche Ideen will ich ausprobieren? Diese Fragen vertiefen mein Verständnis und machen das Lesen zu einem Weg der Selbstentwicklung.

Warum dieser Ansatz?

Mir kommt mein Leben oft langweilig vor, aber durch bewegt lesen entdecke ich, dass Geschichten Werkzeuge sein können. Sie fordern mich heraus, kreativ zu werden, auch wenn ich mich sonst als schweigsam erlebe.

Zwei Ziele verfolge ich dabei:

  • Textverständnis vertiefen: Wer aktiv wird, stellt Fragen. Wer eine Szene umschreibt, muss verstehen, wie Spannung funktioniert.
  • Mut zur eigenen Kreativität: Lust wecken, selbst Geschichten zu gestalten – durch Bilder, Texte oder Erkundungen.

Reflexion als Kern

Ein wichtiger Teil des bewegt Lesens ist das bewusste Innehalten. Ich frage mich: Was berührt mich an diesem Buch? Was finde ich spannend? Welche Erfahrungen möchte ich teilen? Manchmal finde ich sogar Lösungen für Probleme, mit denen ich mich herumschlage.

Das Experiment

Dieser Blog ist ein Tagebuch des Ausprobierens. Bewegt lesen wird dabei zum Sport – es trainiert die Vorstellungskraft und den Mut, das Gelesene zu beanspruchen, statt sich von der Flut existierender Geschichten erdrücken zu lassen.

Bewegt lesen macht aus einem Fenster zur Welt eine Tür, die ins Handeln führt. Es gibt wenig Grenzen – es fordert mich heraus, die Rolle des bloßen Zuschauers zu verlassen und selbst ins Tun zu kommen.

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