Oljas Ömər oğlu Süleymenov

Oljas Ömər oğlu Süleymenov wurde am 18. Mai 1936 in Almaty, Kasachische SSR, geboren. Er ist ein kasachischer Schriftsteller, Dichter, Literaturwissenschaftler und Diplomat. Seine Ausbildung absolvierte er am Maxim-Gorki-Literaturinstitut und an der Al-Farabi-Universität in Kasachstan. Süleymenov verfasst seine Werke hauptsächlich auf Russisch.

Süleymenov war ein bedeutendes Mitglied der sogenannten „Gruppe der Sechziger“ (Шестидесятники), einer Generation von Schriftstellern und Dichtern, die in den 1960er-Jahren in der Sowjetunion die Literatur erneuerten. Diese Bewegung entstand als Reaktion auf den Tauwetter-Kurs nach Stalins Tod und brachte eine Abkehr von der starren Doktrin des sozialistischen Realismus mit sich. Die Lyrik dieser Autoren war experimenteller, persönlicher und thematisierte oft die Identität, Geschichte und kulturellen Wurzeln ihrer Völker. Neben Süleymenov gehörten auch Autoren wie Jewgeni Jewtuschenko, Andrei Wosnessenski und Bella Achmadulina zu dieser Strömung.

Eines seiner bekanntesten Werke ist „Az-Ya“ (1975), in dem er die „Igor-Rittergeschichte“ analysiert und dabei zahlreiche türkische Wörter identifiziert, die in ihrer ursprünglichen Bedeutung erhalten geblieben sind. Dieses Buch hatte einen bedeutenden Einfluss auf das Erwachen des nationalen Bewusstseins unter den türkischen Völkern, wurde jedoch von den sowjetischen Behörden kritisch betrachtet.

Ein weiteres zentrales Werk ist der Lyrikband „Eine Minute Schweigen am Rande der Welt“ (Мгновение молчания у края света, 1970). In diesem Band setzt sich der Autor intensiv mit existenziellen Fragen, dem Verhältnis zwischen Mensch und Natur sowie der Verantwortung der Menschheit auseinander. Seine Gedichte sind oft von einer universellen Perspektive geprägt, in der er über die Stellung des Individuums in der Geschichte und im Kosmos reflektiert. Der Titel kann als Einladung verstanden werden, innezuhalten und über die Menschheit, Geschichte und Zukunft nachzudenken. Mit diesem Werk festigte Süleymenov seinen Ruf als bedeutender Lyriker und Denker.

Süleymenovs Arbeitsweise zeichnet sich durch eine intuitive Herangehensweise aus. Er betrachtet seine Arbeit als ein Mittel, unbewusste Strukturen sichtbar zu machen, um über sie zu reflektieren. Dabei stellt er keine Thesen auf, sondern schafft Raum für das Irrationale und Intuitive.

Für seine Verdienste um die kulturellen Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Kasachstan wurde Süleymenov mehrfach ausgezeichnet. So erhielt er 2011 den „Dostluq“-Orden und 2021 den „Şərəf“-Orden.

Neben seiner literarischen Tätigkeit engagierte sich Suleimenov auch politisch und ökologisch. 1989 erlangte er weltweit Bekanntheit als Initiator der internationalen Umweltbewegung Nevada-Semipalatinsk, die sich für die Schließung von Atomanlagen in Nevada und im kasachischen Oblast Semipalatinsk einsetzte. Seine Überzeugung, dass „unsere Verantwortung der Erde gilt, die uns ernährt“, fand internationalen Anklang und machte ihn zu einem zentralen Akteur im Kampf gegen die Atomkraft.

Nach der Unabhängigkeit Kasachstans gründete er 1991 die Partei Volkskongress Kasachstans. Von 1993 bis 1994 bekleidete er das Amt des Parlamentssprechers und etablierte sich als Oppositionsführer, der in politischen Auseinandersetzungen mit Präsident Nursultan Nasarbajew immer wieder den Mut hatte, die Wahrheit zu sagen. Auf Anregung vieler Oppositionsführer wurde sogar über seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen diskutiert. Um dieser Möglichkeit zuvorzukommen, vermittelte Nasarbajew 1995 einen Deal, der Suleimenov zum kasachischen Botschafter in Rom ernannte.

Seine diplomatische Laufbahn setzte er fort: Seit 2002 vertritt er Kasachstan als Botschafter bei der UNESCO in Paris und engagiert sich unermüdlich für Kultur, Bildung und den interkulturellen Dialog. Am 4. Februar 2023 wurde er zudem zum Vorsitzenden des Volkskongresses der Internationalen Demokratischen Partei Kasachstans gewählt – ein weiterer Meilenstein in seinem bewegten Leben.

Olzhas Omaruly Suleimenov bleibt eine schillernde Persönlichkeit, deren Lebensweg und Werk nicht nur die literarische, sondern auch die politische Landschaft Kasachstans und darüber hinaus nachhaltig geprägt haben. Wie er selbst feststellte:

„Die Macht der Worte und der Mut zur Wahrheit sind das Fundament einer gerechten Gesellschaft.“

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