Verlag Neues Leben, 1961. — 392 S. — (Spannend erzählt. Band 043).
Leledai, die zentrale Figur in Ulanbagans Roman Feuer in der Steppe, ist ein „Verfluchter“, jemand, der in der sozialen Hierarchie der Inneren Mongolei ganz unten steht – sogar noch unter den niedrigsten Sklaven des Fürsten Darhan. Sein Schicksal scheint ausweglos, bis sich für ihn eine dramatische Wendung abzeichnet. Wang Schin, der Palastverwalter des Fürsten, wählt Leledai aus, um die Anführer der Partisanen in der Korschin-Steppe zu enttarnen und unschädlich zu machen. Für den Verrat verspricht Wang Schin eine scheinbar unvergleichliche Belohnung: Er will den Fluch, der auf Leledai lastet, aufheben und ihn aus seinem Status befreien.
Doch der junge Sklave wird in ein Netz aus Intrigen, Verrat und Konflikten hineingezogen. Leledai erlebt den brutalen Gegensatz zwischen Loyalität und Befreiung – eine Reise, die ihn nicht nur mit den Partisanen, sondern auch mit seiner eigenen Vergangenheit und Identität konfrontiert. Zunächst scheint er zwischen den Fronten zu schwanken: Einerseits halten ihn die Vorurteile, die ihm von klein auf eingebläut wurden, auf Seiten des Regimes. Andererseits beginnen die Begegnungen mit den Partisanen, insbesondere mit ihrem Anführer Li, seine Überzeugungen zu erschüttern.
Li enthüllt Leledai die Wahrheit über die Mörder seiner Eltern und führt ihm die Ungerechtigkeit vor Augen, die er so lange ertragen hat. Der Druck eskaliert, als Wang Schin Leledais Verlobte mit Gewalt an sich reißen will. Doch es sind nicht nur persönliche Schicksalsschläge, die Leledai zum Umdenken bewegen. In einem entscheidenden Moment belauscht er geheime Gespräche zwischen Wang Schin und japanischen Vertretern, die offenbaren, wie der Palastverwalter mit den Besatzern der japanischen Armee kollaboriert, die seit Ende der 1930er-Jahre ihre Macht in der Inneren Mongolei ausgebaut haben.
Die Innere Mongolei war zu dieser Zeit ein Schauplatz heftiger Kämpfe. Nach der Errichtung des Marionettenstaats Mandschukuo durch Japan im Jahr 1932 versuchte Japan, seine Kontrolle auf die benachbarten mongolischen Regionen auszuweiten. Die Bevölkerung – darunter viele Hirten und Bauern – wurde nicht nur von den Besatzern unterdrückt, sondern auch von inneren Spannungen zwischen verschiedenen mongolischen Fürstenhäusern und politischen Bewegungen zerrissen. Japan verfolgte das Ziel, die Ressourcen der Region zu plündern und sie militärisch zu nutzen, während Partisanengruppen erbitterten Widerstand leisteten.
Leledai durchlebt zahlreiche Prüfungen. Er wird von Wang Schin verraten, in grausame Kerkerhaft gesteckt und zu einer Flucht gezwungen, die ihn fast das Leben kostet. Doch inmitten dieser Schrecken findet er nicht nur seine Verlobte wieder, sondern auch die Stärke, sich den Partisanen anzuschließen. Der finale Höhepunkt des Romans ist der Triumph des Widerstands: Ein gewaltiges Feuer brennt in der Steppe, das den Sieg der Partisanen über die japanischen Eindringlinge symbolisiert.
Ulanbagans Erzählung ist nicht nur ein packendes persönliches Drama, sondern auch ein Porträt eines oft übersehenen historischen Konflikts. Sie beleuchtet den Widerstand der mongolischen Bevölkerung gegen koloniale Unterdrückung und die Auswirkungen der japanischen Besatzungspolitik, die in den Jahren um 1940 viele asiatische Länder in den Abgrund stürzte.