Seit Januar 2004 erscheint in Meißen das „Zündblättchen“, eine Kunst- und Literaturzeitschrift im handlichen A6-Format. Herausgegeben wird sie von der Edition Dreizeichen, bestehend aus der Objektkünstlerin Else Gold und dem Maler, Grafiker und Dichter Wolfgang E. HerbstSilesius, der 2022 verstarb. Ursprünglich gehörte auch die Verlegerin Bettina Victoria Hennig zum Herausgeberkreis. Das Zine erscheint sechsmal im Jahr in einer Auflage von 500 Exemplaren und hat sich zu einem festen Bestandteil der Meißner Kulturszene entwickelt.
Der Name „Zündblättchen“ hat einen historischen Bezug: Im Meißner Goldgrund, dem Wohnort der Herausgeber, wurde 1844 eine Fabrik zur Herstellung von Sicherheitszündschnüren errichtet. Diese Zündschnüre, die im Bergbau und in Steinbrüchen verwendet wurden, stehen symbolisch für die Idee, etwas in Gang zu setzen – ein passendes Bild für eine Zeitschrift, die Kunst und Literatur entzünden möchte.
Jede Ausgabe des „Zündblättchens“ wird mit großer Sorgfalt hergestellt. Die Hefte werden auf Ökopapier gedruckt, zunächst mit einem Risographen, später mit einem Laserdrucker. Anschließend werden sie von Else Gold von Hand gefalzt, geklammert und mit Gummibändern versehen. Diese liebevolle Handarbeit verleiht jedem Exemplar eine besondere Note und macht es zu einem kleinen Kunstwerk.
Die Inhalte des „Zündblättchens“ sind vielfältig und umfassen Texte von Autorinnen und Autoren sowie künstlerische Arbeiten. Ein besonderes Merkmal ist die Korrespondenz zwischen Text und Bild, die nicht als bloße Illustration dient, sondern eine tiefere Verbindung eingeht. So entsteht ein feines Geflecht von Beiträgen, das Leserinnen und Leser in seinen Bann zieht. Beispielsweise wurden in der Ausgabe 92/Heft 2 (2019) Gedichte des Dichters Andreas Koziol veröffentlicht, dessen Werk oft philosophische Tiefe zeigt. In der Ausgabe 085 (2018) wurden Gedichte von Constanze Böckmann mit Bildern von Andrew Maximian Niss kombiniert – eine typische Verbindung von Lyrik und visueller Kunst, die das „Zündblättchen“ auszeichnet.
Im Juni 2020 wurde die 100. Ausgabe des „Zündblättchens“ mit einer Ausstellung in der Evangelischen Akademie Meißen gefeiert. Die Eröffnungsrede hielt die Dichterin Undine Materni, die die Bedeutung des „Zündblättchens“ für die Kunst- und Literaturszene hervorhob und die liebevolle Gestaltung sowie die tiefgründige Verbindung von Text und Bild lobte.
Was ist ein Zine?
Ein Zine ist eine kleine, oft selbstgemachte Publikation, die in der Regel in kleiner Auflage erscheint. Es ist ein Medium, das sich außerhalb der etablierten Verlagsstrukturen bewegt und oft von Einzelpersonen oder kleinen Gruppen produziert wird. Zines können alles Mögliche enthalten – von Kunst über Politik bis hin zu persönlichen Geschichten. Sie sind ein Ausdruck von DIY-Kultur und bieten Raum für Experimente und unkonventionelle Ideen. Das „Zündblättchen“ ist ein Beispiel dafür, wie ein Zine nicht nur eine Plattform für künstlerische und literarische Arbeiten sein kann, sondern auch ein Ort, an dem Gedanken und Ideen entzündet werden.
Else Gold: Künstlerin und Verlegerin
Else Gold, geboren 1964 in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz), ist eine deutsche Objektkünstlerin und Verlegerin. Sie studierte von 1984 bis 1988 an der Fachschule für angewandte Kunst in Heiligendamm und war in den 1990er Jahren als Kunstvermittlerin in der Kunstsammlung Gera und im Otto-Dix-Haus tätig. Seit 1999 widmet sie sich der Schaffung von Objekten und Installationen und ist seit 2003 freischaffend in Meißen tätig.
Gemeinsam mit Wolfgang E. HerbstSilesius gründete sie 2004 das „Zündblättchen“. Neben ihrer Arbeit als Verlegerin initiiert sie Lesungen, Ausstellungen und Arbeitszeiten mit Künstlerinnen und Künstlern sowie Autorinnen und Autoren in Zusammenarbeit mit Galerien, Museen, Kunstvereinen und der Evangelischen Akademie Meißen. Seit 2008 ist sie Vorstandsmitglied und Kuratorin des Kunstvereins Meißen.
Else Golds Arbeiten sind geprägt von einer tiefen Reflexion über das Fremde und die ständige Veränderung, sowohl in der Natur als auch in der menschlichen Existenz. In einem Interview betonte sie die Bedeutung der Zeit für künstlerische Prozesse: „Die Dinge müssen sich entwickeln können, Zeit ist ein wichtiger Faktor.“ Diese Herangehensweise spiegelt sich in ihren Projekten wider, bei denen sie Materialien sammelt und diese über einen längeren Zeitraum hinweg zu Kunstwerken formt.