Andreas Felger

Andreas Felger (* 1. Januar 1935 in Mössingen-Belsen) ist ein deutscher Maler, Bildhauer und Glaskünstler, dessen Werk sich durch meditative Tiefe und handwerkliche Meisterschaft auszeichnet. Während seine Aquarelle und Bibelillustrationen international Beachtung fanden, prägen auch Skulpturen und Glasinstallationen sein vielschichtiges Œuvre. Felgers Kunst verbindet Spiritualität mit einer sinnlichen Materialsprache, die stets den Dialog zwischen Text, Bild und Raum sucht.

Felgers Aquarelle, auch als Buchillustrationen eingesetzt, bestechen durch ihre Leichtigkeit und symbolische Verdichtung. Für Gedichtbände wie „Hölderlin: Hälfte des Lebens“ (1992) übersetzt er Lyrik in fließende Farbwelten. Ein Beispiel ist seine Interpretation von Rilkes „Herbsttag“: Über lavierten Blau- und Ockertönen schweben fragile Vogelkonturen, die Melancholie und Aufbruch zugleich verkörpern. „Die Aquarellfarbe führt mich – sie zeigt mir den Weg zwischen Zufall und Absicht“, erklärt Felger. Seine Technik, nasse Farbflächen mit Salzstrukturen zu durchbrechen (etwa in „Hiob“, 2005), schafft texturale Tiefe, die biblische Dramatik unterstreicht.

Die Bibel in Aquarell
Sein monumentales Projekt der „Felger-Bibel“ (1998–2008) umfasst 215 Aquarelle, die biblische Erzählungen radikal vereinfachen. Die Schöpfungsgeschichte zeigt etwa einen goldstrahlenden Kreis, umspült von chaotischen Schwarz- und Rottönen – ein Bild der Ordnung im Urchaos. Die Kreuzigung reduziert er auf einen senkrechten, blutroten Strich, durchzogen von Lichtspuren. „Ich male nicht Golgatha, sondern das Echo des Schmerzes in der Ewigkeit“, sagt Felger. Die Werke wurden 2009 als opulenter Bildband publiziert und touren seitdem durch Kirchen und Museen, zuletzt im Dommuseum Frankfurt (2022).

Skulptur und Glas
Neben der Malerei prägt Felger seit den 1980ern die sakrale Glasgestaltung. Seine Fenster in der Stiftskirche Tübingen (2001) inszenieren biblische Szenen als rhythmisches Farbspiel: Blaue und violette Glasbahnen, durchsetzt mit Bleirissen, symbolisieren etwa den Gang Jesu durch die Nacht. Als Bildhauer arbeitet er oft mit Bronze und Holz, wobei er organische Formen mit archaischer Symbolik verbindet. Seine Skulptur „Engel der Stille“ (2015) vor dem Kloster Kirchberg zeigt eine schwebende Figur aus rostfarbener Bronze, deren Flügel aus Bruchlinien bestehen – ein Sinnbild für zerbrechliche Transzendenz.

Felgers Prozess ist geprägt von kontemplativer Vorarbeit: „Ich lese, bis die Worte in mir verklingen und nur noch ein Bild zurückbleibt – dieses Bild forme ich dann.“ Bei Glasprojekten entwirft er zuerst Aquarellskizzen, die später in handgefertigte Glasplatten übersetzt werden. In der Bildhauerei kombiniert er traditionelles Schmieden mit experimentellen Patina-Techniken, um Oberflächen zu schaffen, die „wie verwitterte Erinnerungen wirken“ (Felger).

Zitate

  • „Glas ist gefrorenes Licht. Wenn ich es bearbeite, befreie ich das Licht wieder.“
  • „Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, sondern ein Spiegel. In ihm malt sich der Betrachter selbst.“
  • „Skulpturen sind steingewordene Fragen. Sie antworten nur dem, der sie umrundet.“

Ausstellungen
Felgers Werke wurden u. a. im Ludwig Museum Koblenz, im Bischöflichen Museum Limburg und im Kunsthaus Apolda gezeigt. 2017 widmete ihm das Mössinger Kulturzentrum Alte Schule eine Retrospektive, die sein Gesamtwerk als „Brücke zwischen Mystik und Moderne“ würdigte.

Andreas Felger ist ein Grenzgänger: Zwischen Malerei, Skulptur und Glas übersetzt er Texte in Räume, Stille in Formen und Licht in Farbe. Ob in zarten Aquarellen, schwebenden Bronzen oder leuchtenden Kirchenfenstern – sein Werk lädt ein, Spiritualität als sinnliches Erlebnis zu begreifen.

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