LektüreNotizen | Knappe biografische Angaben zur Autorin, ansonsten: kein Klappentext, kein Marketingsprech, kein Inhaltsverzeichnis. Lesende sind mit sich und den Texten allein. Das ist gut. Die Tagtexte sind in Lyrikform ; wobei ich nicht weiß, ob der Einzeiler am Anfang bereits ein Gedicht ist. Jedenfalls ist er der Einstieg in eine (zu erzählende) Geschichte.
„das kaputte Salzfaß wird behandelt wie ein heiliger Topf“
Überraschung: Auf ‚Seite 31‘ wird das kaputte Salzfaß wieder angefasst. Und diesmal als Gedicht erkennbar mit ausdauerndem Wenn und Aber.
siebenunddreißig geboren. Es ist das reale Geburtsjahr der Autorin und das des lyrischen Ichs. Dieses Gedicht hat mich mitgenommen; emotional. Auch weil es mir nicht leicht fällt, die verschiedenen Ebenen des Textes zu erfassen.

Der Buchumschlag | Das Schwarzweiß-Foto – in pixeliger Auflösung mit überzeichneten, grellen Kontrasten – wirkt wie eine eigenständige Erzählung. Es stammt von Rolf Borzik (1944–1980), Kostüm- und Bühnenbildner sowie Lebenspartner von Pina Bausch. Die beiden lernten sich während ihres Studiums an der Folkwang-Hochschule kennen. Ab 1973, als Bausch die Leitung des Wuppertaler Tanztheaters übernahm, schuf Borzik die Bühnen- und Kostümbilder für ihre Produktionen. In ihrer siebenjährigen Zusammenarbeit entwickelte er sich zu einem essenziellen Mitdenker, der die Stücke „von innen her“ mitgestaltete. (Ille Chamier arbeite von 1977 – 1980 als Dramaturgin am Tanztheater.) Borzik starb 1980 im Alter von nur 35 Jahren an Leukämie. [Sechs Monate später lernte Pina Bausch auf einer Chile-Tournee den chilenischen Dichter und Literaturprofessor Ronald Kay kennen, mit dem sie 1981 den Sohn Rolf-Salomon bekam – benannt nach Borzik.]
Buchinformationen:
Ille Chamier – Tagtexte
PROMETH Verlag, Köln – 1980
Lektorat: Jochen Schäfer
Umschlagfoto: Rolf Borzik
Alle bisher angeregten Dialoge
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aber das kaputte Salzfaß
Eine Annäherung | Dieses Gedicht erzählt eine Geschichte, die von einem rätselhaften Bild lebt: dem kaputten Salzfass. Es ist zerbrochen, hält nichts mehr, und doch wird es immer wieder gefüllt. Salz selbst ist ja seit jeher ein Symbol für das Lebensnotwendige – es würzt unser Essen, konserviert, und die Redewendung vom „Salz der Erde“ spricht…
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Der eine Satz
Annäherung an Ille Chamiers „das kaputte Salzfaß wird behandelt wie ein heiliger Topf“ Manchmal ist es ein einziger Satz, der innehalten lässt, irritiert und zum Nachfassen einlädt. Ille Chamiers Zeile „das kaputte Salzfaß wird behandelt wie ein heiliger Topf“ aus ihrem 1980 erschienenen Lyrikband Tagtexte ist so ein Fall. Beim ersten Lesen habe ich mich…
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Ille Chamier – Lied 76
Eine Annäherung | Ille Chamiers Gedicht „Lied 76“ aus den 1970er Jahren erzählt von einer Frau, die zwischen patriarchalen Erwartungen und eigener Ohnmacht gefangen ist. Ihr Mann schickt sie mit dem unmöglichen Auftrag aufs Feld, „Stroh zu Gold zu spinnen“ – eine bittere Anspielung auf das Rumpelstilzchen-Märchen. Doch anders als im Märchen gibt es hier…
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Tagtexte – Ille Chamier
LektüreNotizen | Knappe biografische Angaben zur Autorin, ansonsten: kein Klappentext, kein Marketingsprech, kein Inhaltsverzeichnis. Lesende sind mit sich und den Texten allein. Das ist gut. Die Tagtexte sind in Lyrikform ; wobei ich nicht weiß, ob der Einzeiler am Anfang bereits ein Gedicht ist. Jedenfalls ist er der Einstieg in eine (zu erzählende) Geschichte. „das…
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Werke von Ille Chamier – Eine Bibliografie im Aufbau
Der erste Teil dieser Zusammenstellung bezieht sich auf Ausgaben mit Texten von Ille Chamier, die in meinem Bestand sind. Im zweiten Teil habe ich aufgeführt, welche Ausgaben ich aktiv suche. Ich freue mich über jeden Hinweis, wo weitere Texte, Illustrationen, Bilder zu finden, zu erhalten sind. DAS ZÜNDBLÄTTCHEN – Heft 21 – Text – weiterlesenEDITION…
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Warum ich eine „vergessene“ Literatin & Künstlerin sichtbar machen möchte
Von meiner Tochter wurde ich gefragt, warum ich mich auf meinem Literaturblog einer Autorin widme, die der breiten Öffentlichkeit heute kaum noch bekannt ist: Ille Chamier. Eine Frau, die seit Jahrzehnten nicht mehr in Verlagen publiziert hat und deren gedruckte Werke rar sind. Abgesehen von zwei Verlagsbüchern hat Ille Chamier ihre Texte überwiegend im Selbstverlag…
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Ille Chamier & Karen Roßki
DAS ZÜNDBLÄTTCHEN – Heft 21 LektüreNotizen | Das Heft beinhaltet acht Gedichte der in Düsseldorf lebenden Autorin Ille Chamier und vier Bleistiftzeichnungen der Dresdner Künstlerin Karen Roßki. Stammabschnitte von Bäumen, die, obwohl blattlos, für mich die Energie der vier Jahreszeiten vermitteln. Details von Ästen, , markante Jungbäume, Totholz(?). Die Zeichnungen erinnern teils an Fabelwesen, so…
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Ille Chamier – Am Tag, als ich hinfuhr, zum Treffen schreibender Frauen…
3 Minuten—
Von
Die Erzählung „Am Tag, als ich hinfuhr, zum Treffen schreibender Frauen…“ (erschienen in Courage – Berliner Frauenzeitung, Juli 1979) offenbart scharfe gesellschaftskritische und feministische Positionen: Die Last der unsichtbaren Arbeit Ille Chamier beschreibt minutiös, wie Care-Arbeit (Kinderbetreuung, Haushalt) ihr Schreiben behindert. Bevor sie zum Frauentreffen aufbrechen kann, muss sie ein komplexes Netz aus Versorgungsaufgaben organisieren:…
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Ille Chamier – Eine literarische Annäherung
Informationen über Ille Chamier sind fragmentarisch und schwer zugänglich. Diese Recherche fasst zusammen, was ich bisher über ihre vielseitige künstlerischen Arbeit herausgefunden habe. Ein Leben zwischen Tanz, Wort und Staffelei Ille Chamiers Weg war von Beginn an interdisziplinär geprägt. Geboren 1937 am Niederrhein, begann sie ihr Studium 1956 mit Tanz an der Folkwangschule in Essen…
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